Aramis

Im vorhergehenden Artikel "Verhalten" haben wir etwas über die Rangordnung und verschiedene Arten von Anführern unter Pferden gelesen.
Man muß nun für sich selbst klären, ob man eher die Rolle des Alpha-Tieres anstrebt, oder sich lieber zum Anführer "wählen" läßt. Die Rolle des Alphas liegt mir persönlich gar nicht.
Wenn wir von unseren Pferden, mit denen wir Umgang haben, zum Anführer gewählt werden möchten, dann sollten wir herausfinden, was erforderlich ist, damit sie sich bei uns wohl fühlen, und wie wir ihr Vertrauen gewinnen können, damit sie sich auf unsere Entscheidungen verlassen. Wenn wir das tun, dann kann es durchaus passieren, daß wir im Urlaub ein "Problempferd" zugeteilt bekommen, und merken gar nichts davon, weil wir uns prima mit ihm verstehen...

Es gehört ein wenig Vorarbeit dazu, die Rolle des gewählten Anführers "übernehmen" zu können. Denn ich muß Ruhe und Sicherheit ausstrahlen und konsequent sein, ohne Gewalt anzuwenden. Das gelingt mir, wenn ich in den meisten Situationen weiß, was ich vom Pferd erwarten kann und womit ich rechnen muß. Ich muß Pferde verstehen und mich ihnen verständlich machen können. Ich muß wissen, wie ich mich zu verhalten habe. Mit solchem Wissen fühle ich mich sicherer und kann Ruhe ausstrahlen, weil ich ruhig bin. - Jahrelange Erfahrung also? Kann sein, viele glauben das zumindest, aber Sie können den Prozeß enorm abkürzen, indem Sie sich zunächst theoretisches Wissen über Pferde aneignen, dabei lernen, wie Pferde denken und kommunizieren. Sie machen die nötigen Erfahrungen dann nicht mehr zufällig, sondern vorbereitet und nahezu planmäßig und dadurch viel, viel schneller.
Die Ruhe, die Sie durch mehr Sicherheit ausstrahlen, läßt die Pferde, mit denen Sie Umgang haben ebenfalls ruhiger und letztlich vertrauensvoller werden. Der Respekt vor Ihnen wächst dadurch wie von selbst.

Allgemeine Regeln und Grundsätze

Grundprinzipien

Wir passen uns dem Pferd an Oberstes Prinzip beim Umgang mit Pferden ist: Wir (höhere Intelligenz [meistens]) passen uns der Denkweise und Sprache der Pferde ( Die Sprache der Pferde verstehen - Die Sprache der Pferde sprechen) an, und berücksichtigen dabei geschickt ihre Abneigungen, Vorlieben und momentanen Möglichkeiten.
Ruhe und Kontinuität Wir versuchen, Ruhe und Kontinuität auszustrahlen. Keine hektischen Bewegungen, keine Nervosität, auch nicht, wenn wir unter Zeitdruck stehen. Entscheidungen wohl überlegt und gleichmäßig treffen (nicht heute etwas erlauben, was gestern noch verboten war und umgekehrt!).
angenehme Atmosphäre Wir versuchen immer, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und zu erhalten. Dabei können wir ruhig auch lächeln, mit dem Pferd sprechen und es immer 'mal wieder streicheln. -->Sprechen und Lächeln?
Wir setzen reichlich Lob ein. Ein kurzes, leises "Fein, Elisa!" und etwas Streicheln reicht, damit das Pferd weiß, daß es richtig reagiert hat und ich zufrieden bin. Das zeige ich meinem Pferd immer wieder einmal. Nach größeren, erfolgreich gelösten Aufgaben ruhig auch ausgiebiger! Strafe gibt es eigentlich nicht, höchstens Korrektur im rechten Moment. (Sh. weiter unten!)
Rücksicht Wir überfordern das Pferd aber auch uns selbst nicht mit zu hoch gesteckten oder zu großen Zielen. Wir verlangen vom Pferd keine Dinge, die es (im Moment) gar nicht leisten kann. Bei Bedarf nutzen wir die "Politik der kleinen Schritte".
Bestimmtheit Bei all den Nettigkeiten dürfen wir nicht vergessen, unsere (wohl überlegten) Anforderungen dem Pferd gegenüber mit Bestimmtheit durchzusetzen. Auch, wenn wir ihm mit Rücksicht und Verständnis die Unterordnung leicht und angenehm machen, ist es doch gerade am Anfang sehr notwendig. Sonst übernimmt das Pferd auf seine Weise die Führung. -->Mehr zum Thema 'Bestimmtheit'

Vielleicht vermissen Sie in diesen Grundprinzpien den immer im Zusammenhang mit Pferden verwendeten Begriff der Konsequenz. Kontinuität (Gleichmäßigkeit) bei Entscheidungen, Bestimmtheit bei deren Durchsetzung und Lob bei erwünschten Reaktionen des Pferdes sind zusammengenommen nichts anderes als Konsequenz. Konsequenz ist für mich nicht gleichbedeutend mit sofortiger Durchsetzung einer gestellten Aufgabe mit allen Mitteln. Kann ich eine Forderung auch mit Bestimmtheit im Moment nicht durchsetzen, lasse ich sie zunächst fallen, verlange etwas Einfacheres, das ich mit Sicherheit durchsetzen kann, und überlege mir nachher, ob und wie ich meine ursprüngliche Aufgabe in Ruhe und mit Selbstverständlichkeit am nächsten Tag durchsetzen kann. So vermeide ich unnötige Konflikte, die mich wesentlich mehr Respektpunkte beim Pferd kosten könnten. Obwohl ich also manchmal auf das Lösen einer Aufgabe verzichte, bilde ich mir ein, mit dieser Verfahrensweise immer noch konsequent genug zu sein. Zusätzlich habe ich darauf Rücksicht genommen, daß das Pferd offenbar momentan nicht in der Lage war, die gestellte Aufgabe auszuführen, bzw. ich nicht in der Lage war, ihre Ausführung durchzusetzen.

Und noch etwas ganz Wichtiges: Wir dürfen niemals vergessen, daß Pferde Lebewesen sind, die auch 'mal einen schlechten Tag haben, sich vielleicht nicht wohl fühlen, Schmerzen haben, oder einfach müde sind, weil sie schlecht geschlafen haben. Vielleicht haben sie auch einfach 'mal keine Lust zum Arbeiten. Mit anderen Worten: Pferde funktionieren nicht, sie leben. Also seien Sie nicht enttäuscht, wenn es nicht immer so klappt wie gewünscht. Für diesen ruhigeren Weg ist gerade am Anfang viel Geduld erforderlich. - Schließlich sind Sie ja dabei, an sich selbst zu arbeiten. Das aber ist immer eine schwierige Aufgabe.
Außerdem hat jedes Pferd seinen ganz eigenen Charakter. Es gibt Pferde, die sich leichter unterordnen, und welche, die es lieber hätten, wenn wir uns unterordneten. Es gibt sogar Pferde, die auf der Weide der absolute Chef sind, die aber zu Menschen lammfromm und sehr nett sind. - Also: nicht wundern!
Und noch etwas: Gehen Sie davon aus, daß ihr Erfolg des einen Tages eine Woche später nicht mehr zu bemerken ist. Inzwischen ist Ihr Pferd von 10 anderen Reitern geputzt, gesattelt und geritten worden. - Fangen Sie wieder von vorn an. Mit der gleichen Geduld wie beim letzten Mal. Immer wieder. Irgendwann werden Sie feststellen, daß das Pferd Ihre Bemühungen belohnt.
(Später, wenn Sie fortgeschrittener sind, werden Sie immer weniger lange auf den Erfolg warten müssen...)
Ihr (Schul-)Pferd kann Sie von den übrigen Reitern unterscheiden!

Klare Kommunikation

Klare Kommunikation Hierzu gehört, die Sprache des Pferdes zu verstehen, auf seine Signale zu achten, und sich ihm gegenüber verständlich ausdrücken zu können. Siehe dazu Thema "Verhalten" oder oben "Grundprinzipien"!
Klingt selbstverständlich? - Immer mal wieder kann man beobachten, wie jemand sein Pferd mit einem Wortschwall übergießt, dazu unterstützend die Peitsche schwingt, jemandem, der gerade in der Nähe steht, versichert: "Der Gaul weiß ganz genau, was er jetzt machen soll!", und dann vom Pferd erwartet, daß es nun gehorcht. - Sie glauben nicht, daß es so etwas gibt? Es ist aber in mehr oder weniger starker Ausprägung recht verbreitet, daß man vom Pferd immer wieder erwartet, daß es sich unserer Denkweise und Sprache anpaßt. Das passiert selbst Ihnen und mir hin und wieder, wenn auch nicht so drastisch, wie im eben beschriebenen Beispiel.
Pferde können zwar einzelne Worte der menschlichen Sprache erlernen, so daß sie auf bestimmte Kommandos reagieren. Sie sind allerdings nicht in der Lage, unsere Sprache weitergehend zu verstehen. Ihre Sprache ist die Körpersprache und eine Sprache der Handlungen.
Da wir es unserem Pferd ja so leicht wie möglich machen wollen, formulieren wir die Aufgaben, die es für uns ausführen soll, also in einer ihm verständlichen Sprache. Dazu können wir ruhig die gewohnten stimmlichen Kommandos benutzen, zusammen mit richtungsweisenden Berührungen bzw. kurzzeitigem Druck. Setzt die Reaktion des Pferdes ein oder versucht das Pferd, unsere Anweisung auszuführen, geben wir sofort nach, d. h. wir nehmen Druck oder Berührung weg, um dem Pferd zu zeigen: Ja, es ist das Richtige, was du jetzt tust (Siehe auch weiter unten!). Bleibt die Reaktion des Pferdes aus, wiederholen wir die Anweisung deutlicher und stärker (aber nicht grob werden und keinen endlosen Dauerdruck!). Kommt die Reaktion, geben wir nach und loben, kommt sie wieder nicht, müssen wir uns etwas einfallen lassen (siehe nächste Überschrift!).
Zu einer klaren Kommunikation gehört auch, daß wir die Sprache der Pferde kennenlernen. Warum? Damit uns z. B. das nicht passiert: Wir sollen ein Pferd von der Koppel holen. Freundlich schauen wir ihm in die Augen und gehen von vorn auf das Pferd zu. Das Pferd läuft weg. "Er weiß, daß er jetzt arbeiten soll.", sagt jemand. - Das kann schon sein, aber ist das wirklich die ganze Erklärung? - Frontal nähern sich Pferde mit aggressiven Intentionen, wenn sie z. B. die Rangordnung ausdiskutieren müssen. Befreundete Pferde nähern sich mehr seitlich. Einem Pferd direkt in die Augen zu sehen bedeutet in seiner Sprache soviel wie "Geh weg!" Wenn ich also von der Seite auf das Pferd zugehe und ihm nicht in die Augen schaue, erhöhe ich meine Chancen, daß das Pferd mitkommt, enorm. Das ist Pferdesprache. Über die sollte man also zumindest soweit Bescheid wissen, daß man mit seinem Körper nicht unwissentlich widersprüchliche Signale aussendet. Damit man seinem Pferd mit dem Körper nicht sagt "Geh weg!", wenn man es doch holen will.

Was können wir tun, statt zu strafen?

Wenn ein Pferd nicht tut, was ich von ihm verlange, dann muß ich zuerst prüfen, Wenn nicht, korrigiere ich meine Anweisung entsprechend. Damit ich das nicht zu häufig tun muß, sollte ich vor jeder Anweisung an das Pferd diese Punkte prüfen! Ein Pferd kann z. B. auch aus Angst vor ungewohnten Gegenständen u. ä. momentan nicht in der Lage sein, etwas zu tun, was es sonst problemlos kann. Dadurch bin ich dann vielleicht momentan auch nicht in der Lage, meine Forderung durchzusetzen.
Kann ich alle drei Fragen mit "Ja" beantworten, brauche ich aber trotzdem nicht gleich loszuschimpfen oder anderweitig zu strafen. Statdessen nutze ich meinen (normalerweise) überlegenen menschlichen Verstand und suche nach anderen Lösungen:

1. Ablenken und Loben
Pferde sind leicht ablenkbar. Das können wir uns zunutze machen, um Konflikte zu vermeiden: Ich lasse das Pferd erst einmal etwas anderes tun, und lobe es kurz dafür, wenn es das richtig gemacht hat. Jetzt, nachdem das Pferd - frisch gelobt - in besserer Verfassung ist, komme ich wieder auf mein ursprüngliches Anliegen zurück. Ganz selbstverständlich und ohne Aufregung und ohne Skepsis (wird er denn jetzt gehorchen?...).
Beim nächsten Mal versuche ich aber wieder, meine Reihenfolge durchzusetzen.
Mehr zum Thema "Lob": Mehr zum Thema 'Lob'

2. Ich lasse ihm seinen Willen
Häh??? Bitte?? -
Nur im ersten Moment. Vor allem, wenn das Pferd bereits seinen Willen hatte, weil ich wieder zu langsam reagiert habe oder überfordert war. Und dann zeige ich dem Pferd, daß es aber wohl doch keine so gute Idee von ihm war, weil wir nämlich jetzt durch seine Entscheidung mehr arbeiten oder unbequeme Dinge tun müssen. - Eigentlich ist das Korrektur.
Beispiele und mehr zum Thema "Korrektur": Beispiele und mehr zu dieser Art Korrektur

Geht es also ganz ohne Gewalt?

Nichts gefallen lassen! Ein geringer Rest an "notwendiger Gewalt" wird im Umgang mit Schulpferden vielleicht noch lange bleiben, v. a. solange wir noch etwas unsicher sind, denn unsere Möglichkeiten als Reitschüler sind begrenzt: Unser persönlicher Anteil an der "Erziehung" des Pferdes und damit unser Einfluß sind zunächst vergleichsweise gering. Jedesmal stehen wir in gewisser Weise unter Zeit- und Erfolgsdruck, denn die Abteilung reitet nunmal zur festgesetzten Zeit los; bis dahin muß das Pferd fertig geputzt und gesattelt sein, ob es mag oder nicht...
Das läßt sich leider genau so auf das Reiten in der Abteilung übertragen. Hier wird die Reitstunde ja nicht so organisiert, daß sie auf meine und die Bedürfnisse meines Pferdes optimal zugeschnitten ist, denn es sind ja noch andere Reiter dabei, die auch etwas von der Stunde haben sollen.
Diese gegebenen Umstände sorgen leider dafür, daß es ausnahmsweise doch zu Konfliktsituationen kommen kann.
Wenn ein Pferd bereits gegen mich vorgegangen ist, oder beim Reiten gegen ein anderes Pferd, muß ich ihm sofort und klar zu verstehen geben, daß es das nicht durfte.
Beispiel im Klartext: Hat mich ein Pferd gebissen, muß ich - solange ich das noch nicht anders klären kann - sofort zurückhauen (mit der flachen Hand, und nur einmal!). Aber dann ist die Sache auch schon wieder vergessen. Für das Pferd und für mich. Kein Schimpfen, kein Groll, keine unzufriedene Stimme. Auch nicht, wenn der Abdruck der Pferdezähne in meinem Hintern noch deutlich schmerzt! Sondern wir machen so weiter, als wäre gar nichts gewesen.
So ist das dann auch keine "Tierquälerei" sondern wir haben uns in dieser Situation der Art und Weise des Pferdes angepaßt, denn - 'mal ganz einfach gesprochen: Das Pferd hat ja schließlich damit angefangen! Und Pferde untereinander lösen das ganz genauso, nur weniger zimperlich.
Wichtig dabei: Niemals ein Pferd in's Gesicht schlagen! Wenn es schon sein muß, dann Hals- oder Körperseiten treffen. Innerhalb der ersten drei Sekunden nach seinem "Angriff". Nur mit der flachen, leeren Hand, und nur einmal. Es darf klatschen, aber nicht eine Stunde später immer noch wehtun. Dabei niemals die Beherrschung verlieren! Alles andere ist überzogen oder zu spät, daher sinnlos, und schadet dem Vertrauen des Pferdes zu mir oder sogar dem zum Menschen an sich. Wieder gäbe es ein Problempferd mehr.

Besser: Wenn man es später einmal schafft, das Pferd unmittelbar nach seinem Übergriff mittels Gestik und Körpersprache z. B. eine Runde durch seine Box zu scheuchen, kann man auf das Schlagen ganz verzichten. Allerdings muß man sich wirklich sehr sicher sein, und darf dabei niemals z. B. in den Schlagbereich der Hinterhufe geraten! Wer das schafft, hat wieder Richtung und Geschwindigkeit des Pferdes bestimmt. - Das kann nur der Chef! Also: Rangordnung wiederhergestellt!

Noch besser ist natürlich, ich kann das Pferd daran hindern, mich zu beißen, indem ich z. B. den Ellbogen hochnehme, und so dem Pferdekopf den Weg zu mir versperre. Gleichzeitig erhebe ich eventuell kurz die Stimme und nehme direkten Blickkontakt auf, kann aber ansonsten ungerührt das Pferd z. B. weiter putzen. Das ist weit wirksamer, weil das Pferd sieht, daß es mit seinen Versuchen nicht durchkommt und keinen Eindruck auf mich machen kann.

Hilfe holen...

Besser als jeder (fast immer aussichtlose!) Kampf gegen das Pferd, oder die Beherrschung und damit den Respekt des Pferdes zu verlieren, ist bei solchen Konfliktsituationen, die mich noch überfordern, sich an einen erfahrenen Helfer zu wenden. Dabei sollte man den Helfer gut beobachten, und überlegen, was man selbst noch anders macht als er. Wenn sich seine Hilfe allerdings in Brüllen und Schlagen erschöpft, suche ich mir das nächste Mal einen anderen Helfer.
Der beste potentielle Helfer dürfte jener sein, der sein Pferd ganz leise auf die andere Seite dirigiert, der nicht ständig sein Pferd ermahnen "muß", und der trotzdem immer rechtzeitig fertig ist.

Ganz wenig Druck machen...

Ganz wenig Druck machen ... Wäre das nicht schön: Ich lege ganz leicht die Fingerspitzen auf die Brust des Pferdes und sage leise "Zurück!". Das Pferd geht selbständig zwei bis drei Schritte rückwärts. Oder: Ich möchte während des Putzens die Seite wechseln. Ich gehe deshalb hinter dem Pferd herum. Dabei lege ich meine Hand mit dem Handrücken ganz leicht an's Pferd, das mir daraufhin sofort Platz macht.

Eine ganz interessante Möglichkeit, Leichtigkeit im Umgang mit Pferden zu erreichen, ist das Prinzip des Nachgebens im rechten Moment.
Annahme: Ich möchte, daß sich das Pferd auf die andere Seite bewegt.
Zuerst versuche ich herauszufinden, wie sensibel das Pferd bereits ist. Ich lege eine Hand mit leichtem Druck an die Seite des Pferdes. Dazu unterstütze ich noch mit einem dem Pferd bekannten Kommando: "'rum!". Sobald das Pferd sich in Bewegung setzt, lasse ich den Druck sofort deutlich nach. Dadurch versteht das Pferd schneller, daß es richtig ist, was es jetzt tut. Es könnte jetzt schon sich selbständig weiterbewegen, bis ich die Berührung gänzlich aufgebe. Tut es das noch nicht, erhöhe ich den Druck wieder leicht und wiederhole mein Kommando, bis das Pferd sich wieder in Bewegung setzt. Sofort lasse ich den Druck wieder deutlich nach. Allerspätestens, wenn das Pferd da angekommen ist, wo ich es haben wollte, sollte ich mir Lob und Streicheln nicht verkneifen.
Reicht der oben beschriebene Reiz noch nicht dafür, das Pferd in Bewegung zu versetzen, dann verstärke ich ihn: Der Druck der aufliegenden Hand wird noch etwas erhöht. Mit den Fingerspitzen der anderen Hand daneben, drücke ich rhythmisch gegen das Pferd und wiederhole mein Kommando. Egal, wie weit ich den Reiz am Anfang erhöhen mußte, wichtig ist immer, in dem Augenblick nachzugeben (also den Druck deutlich zu verringern), wenn sich das Pferd in Bewegung setzt. Manchmal versucht das Pferd, das Richtige zu tun. Es ist sich aber noch nicht sicher, was es tun soll. Deshalb fällt seine Reaktion vielleicht erstmal nur als Gewichtsverlagerung aus. Wenn ich einen solchen Versuch erkenne, sollte ich das Pferd ebenfalls mit Nachgeben belohnen, und gleich darauf den Reiz, das Kommando wiederholen.
Nach und nach (manchmal überraschend schnell) kann man den notwendigen Druck verringern.
Diese Übungen kann man auch mit seinem Schulpferd immer 'mal wieder durchführen, wie beiläufig beim Putzen. Niemand wird das bemerken oder sich wundern. Immer wieder, wenn das Pferd dabei etwas richtig gemacht oder etwas Neues verstanden hat, sollten wir es wenigstens kurz loben und/oder streicheln. Unsere Freude über den kleinen Erfolg darf dabei ruhig in der Stimme zu hören sein.
Irgendwann später wird man dann bemerken, daß man das Pferd insgesamt leichter als früher bewegen kann.

Natürlich gelten diese Prinzipien auch für andere gewünschte Bewegungen, wie z. B. das Rückwärtsrichten. Um den Kopf leichter herunter bewegen zu können, wird man anfangs Druck durch Zug am Halfter oder Führstrick aufbauen. Die andere Hand legt man dabei auf das Genick auf und erzeugt auch damit leichten Druck. Beginnt das Pferd mit der gewünschten Bewegung, lassen wir den Druck sofort deutlich nach. Macht es andere Bewegungen, versuchen wir, diese mitzumachen und den Druck/Zug nach unten bestehen zu lassen. Das Ziel könnte sein, daß später ein Auflegen der Hand auf das Genick des Pferdes reicht, um den Kopf zu senken.
Vergessen wir aber nicht, daß wir mit unseren Schulpferden nicht uneingeschränkt täglich üben können. Aber wir können das immer wieder 'mal mit einflechten, und uns über etwas verbesserte Leichtigkeit in unserem Umgang mit den Pferden freuen.


Konkrete Hinweise für konkrete Situationen

Das Pferd legt beim Putzen die Ohren an und will beißen

...oder es stampft mit dem Fuß auf, oder weicht vor mir zurück.
Daß wir mit dem üblichen Schimpfen auf die Dauer nicht weiterkommen, haben wir bestimmt schon bemerkt. Also wieder Augen auf und beobachten:

1. Gibt es bestimmte Stellen, an denen das Pferd besonders stark reagiert? Viele Pferde haben Stellen, an denen sie besonders kitzlig oder empfindlich sind. An diesen Stellen fasse ich mich besonders kurz, oder lasse sie vielleicht erst einmal ganz aus. Dabei spreche ich beruhigend/tröstend zum Pferd und putze woanders weiter. Denn m. E. hat es keinen Sinn, das Pferd daran "gewöhnen" zu wollen, wenn es diese empfindlichen Stellen vielleicht schon 10 oder 15 Jahre hat. Hier bringt es nichts, mich "durchsetzen" zu wollen, denn ich werde jedesmal dasselbe Theater erzeugen...

2. Hat das Pferd vielleicht Angst, weil es früher schlechte Erfahrungen gemacht hat? Ein Hinweis auf Angst kann der eingeklemmte Schwanz sein. Auch dann spreche ich ruhig zum Pferd, unterbreche das Putzen hin und wieder zum Streicheln, lasse das Pferd anfangs am Putzgerät schnuppern, und fange erst dann mit dem nächsten Arbeitsgang an, für den ich das Putzgerät aus dem Putzkasten entnommen habe. So wird das Pferd mit einbezogen und weiß, was als nächstes kommt. Außerdem putze ich etwas langsamer und sanfter, und beobachte, ob das Pferd damit besser klarkommt. Und ich hüte mich davor, an Knochenvorsprünge anzustoßen. Die Putzbewegungen sollten lang, ruhig und sicher wirken, aber nicht kurz, schnell und unsicher sein. Wird das Pferd wieder nervös, kann ich wieder kurz zum Streicheln und Beruhigen unterbrechen. Mit der Zeit sollten die Abstände zwischen den Unterbrechungen dann größer werden.

3. Wenn ich nichts dergleichen beobachten kann, keine besonders empfindlichen Körperstellen, keine Anzeichen von Angst, und trotzdem dreht das Pferd einfach seinen Kopf zu mir und schnappt zu, dann könnte es tatsächlich sein, daß es mich einfach nur loswerden will. Dann muß ich die Nerven behalten: Beißangriffe wehre ich mit dem bereitgehaltenen Ellbogen ab, begleitet von einem zischenden "Lass' das sein!". Dabei greife ich in das Halfter und gehe für diesen Moment noch etwas dichter auf das Pferd zu, wobei ich direkten Augenkontakt halte. Die Hand noch im Halfter, putze ich weiter, zunächst am Hals. Dann lasse ich das Halfter unauffällig los, und putze dort weiter, wo ich aufgehört hatte. Natürlich halte ich meinen Ellbogen wieder bereit, und ständig beobachte ich den Pferdekopf aus den Augenwinkeln. Notfalls greife ich sofort wieder in's Halfter und putze ersteinmal nur soweit wie ich komme.
Ich weiche dabei nicht zurück und gebe das Putzen nicht auf. Wenn dies aber die Absicht des Pferdes war, wird es bald lernen, daß das bei mir nicht geht, und es hört damit auf. Das kann wenige Minuten dauern, aber in komplizierteren Fällen auch Monate, v. a. wenn ich vorher Fehler gemacht habe, und dadurch in der Rangordnung nach unten gefallen bin. So ist es mir gleich am Anfang meiner Reitkarriere gegangen. Nur wegen dieses einen Pferdes habe ich mich überhaupt erst nach einem anderen Weg im Umgang mit Pferden umgesehen.

Warnung: Punkt 3 ist teilweise bereits "höhere Schule" im Umgang mit schwierigeren Pferden. Anfangs wird Ihnen einfach die Sicherheit und Schnelligkeit fehlen. Dann holen Sie sich bitte Hilfe, damit Ihnen nichts passiert.

Das Pferd ergreift die Flucht oder beißt beim Satteln

Verdammt...! 1. Auf dem Rücken in der Sattellage sehe ich stellenweise weißes Fell. Wenn ich die Stellen betaste, fühlen sie sich oftmals dicker an als die Umgebung. Dies zeigt mir nicht, daß mein Pferd ein niedlicher Schecke ist. Eher weißt das darauf hin, daß es in der Vergangenheit falsch gesattelt wurde. Die betroffenen Stellen waren schmerzhaft aufgescheuert und entzündet. Das heilt sehr langsam und tut sehr weh. Man nennt das "Satteldruck". Er kann entstehen, wenn der Sattel nicht fest genug ist und verrutscht, der Sattel nicht paßt, die Satteldecke Falten bildet, oder das Pferd nicht ausreichend geputzt wurde. Jetzt fürchtet es sich vielleicht vor dem Sattel.

2. Es ist nichts zu sehen oder zu tasten. Vielleicht leidet das Pferd unter "Sattelzwang". Es bekommt dann Angst und Panik, wenn der Sattelgurt zu schnell festgezogen wird. Wenn das in der Vergangenheit häufig passiert ist, vielleicht aus Zeitmangel oder Unwissenheit, flüchtet das Pferd schon, wenn es den Sattel sieht.

Solch ein Pferd muß vor dem Satteln natürlich angebunden werden. Damit ich das Pferd überhaupt erst einmal satteln kann, nehme ich den Sattel über den rechten Arm. Dann stelle ich mich neben den Pferdekopf, möglichst frontal, sehe dem Pferd in die Augen und lasse es durch leichten Zug am Halfter nach hinten (linke, freie Hand) und klares Kommando "Zurück!" einen Schritt zurücktreten. Der Anbindestrick hängt dann nicht mehr durch, und das Pferd kann sich deshalb nicht mehr zu mir umdrehen, um mich zu beißen. Es wird das im ersten Moment eventuell auch gar nicht versuchen: Durch das Zurückschicken haben wir dann für ein paar Momente die Rangordnung geklärt.
Dies nutzen wir aus, indem wir den Sattel vorsichtig und ruhig auflegen, und zwar deutlich zu hoch am Hals. Dann schieben wir den Sattel herunter in seine richtige Lage, nämlich den tiefsten Punkt, den wir erreicht haben, wenn das Herunterschieben des Sattels deutlich schwerer geht. So, nun haben wir schon wieder die Hände frei, um eventuelle Beißversuche zu verhindern. Außerdem ist das ein guter Zeitpunkt, das Pferd zu trösten und kurz zu streicheln. Den Sattelgurt lassen wir herunter, ohne daß die Schnalle an das Pferdebein schlägt. Dann machen wir ihn zunächst nur so fest, daß der Sattel gerade hält. Nach dem Trensen stellen wir den Gurt ein Loch fester. Nach dem Einstellen des linken Steigbügels noch ein Loch, ebenso nach dem Einstellen des rechten Steigbügels... Nach jedem Loch immer den Bauch in Gurtnähe einen Moment streicheln. Wenn die Einstellung zum Aufsteigen reicht, hören wir damit auf. Nachgurten können wir dann nach der ersten Schrittphase von oben.
Beim Auflegen des Sattels bitte darauf achten, daß die Satteldecke keine Falten schlägt, oder ein Teil des Sattelblattes umklappt. Pferde mit solchen Problemen stehen sonst oft kurz vor der Panik, bis die Falte wieder weg ist.

Nicht satteln werde ich das Pferd, wenn es im Moment Schmerzen im Bereich der Sattellage hat. Das kann ich feststellen, indem ich mit meiner Hand mit mäßigem Druck auf beiden Seiten der Wirbelsäule entlangfahre. Versucht das Pferd auszuweichen oder spannt es die Muskeln stark an, hat es dort allem Anschein nach Schmerzen. Noch auffälliger ist das, wenn das Pferd in der Vergangenheit keine Probleme mit dem Satteln hatte. Dann sollte ich besser den Reitlehrer oder das Pflegepersonal informieren.

Das Pferd gibt mir die Hufe nicht

Wichtiges über das Hufeauskratzen: Wichtiges über das Hufeauskratzen

1. Möglichkeit: Pferd beruhigen und streicheln
Am meisten trifft das auf ängstliche Pferde zu.
Ich möchte das an einem konkreten Beispiel schildern, damit die Situation verständlicher wird:
Eine junge Frau mit noch wenig Erfahrung bittet eine andere Reiterin um Hilfe beim Hufe säubern, da das Pferd absolut nicht stillhält. Aber auch die erfahrenere Reiterin hat kein Glück: Das Pferd schüttelt das aufgenommene Bein solange vor und zurück, bis die Reiterin losläßt. Genau wie sie es gelernt hat, wird sie streng und laut, und haut sogar einmal zu. Es hilft alles nichts. Dieses Pferd hatte auch schon in der Vergangenheit desöfteren Probleme mit dem Hufe säubern.
Als ich dazukomme und um Hilfe gebeten werde, finde ich ein aufgeregtes und ängstliches Pferd vor, dem das alles etwas zuviel ist. Deshalb bitte ich die beiden Reiterinnen freundlich darum, vor der Box zu warten. Von dort aus können sie auch sehr gut sehen, was ich tue. Dann gehe ich (möglichst zielstrebig und sicher) dicht an das Pferd heran, um es erst einmal zu streicheln und ruhig zu ihm zu sprechen (Die 20 Sekunden hat man immer!). Dann stelle ich mir bildlich vor, wie ich den Huf in der Hand habe, rutsche mit der Hand "vorschriftsmäßig" am Pferdebein herunter, sage "Fuß!" und nehme den Huf auf und drücke das Pferdebein mit der Fesselbeuge ein wenig gegen mein Bein. So habe ich mehr Halt. Es geht. Ich kann den Huf säubern, ebenso, wie die anderen. Natürlich lobe ich das Pferd immer wieder, und nach jedem Huf streichle ich es.


Streicheln, Trösten und Lob verbunden mit sicherem Auftreten sind "Wunderwaffen".
2. Möglichkeit: Reihenfolge, Stimmung und somit Situation verändern
Hier nutze ich die leichte Ablenkbarkeit eines Pferdes aus.
Richtig: Normalerweise beginnt man auf der linken Seite des Pferdes, die Hufe zu säubern. Wenn das Pferd mir den ersten Huf auf dieser Seite aber nicht geben will, hindert mich doch nichts und niemand daran, ausnahmsweise zuerst die rechten Hufe zu säubern, und dann erst die linken. Zwischendurch lobe ich das Pferd, wenn es mich dazu vorbei gelassen und den rechten Huf gegeben hat. Und schon ist die Situation entspannter, und das Pferd vergißt vielleicht, daß es mir eigentlich den linken Vorderhuf gar nicht geben wollte. So habe ich meine ursprüngliche Forderung dann mit Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit durchgesetzt, ohne es zum Konflikt kommen zu lassen.
Nächstes Mal setze ich (mit mehr Sicherheit und Freundlichkeit) wieder meine Reihenfolge durch.

Das Pferd will nicht zur Seite gehen

'rummm!! Zur Seite!! (z. B. damit ich es von der anderen Seite putzen kann). Auch dann kann ich noch etwas auf der ersten Seite weiter putzen, ich könnte auch erst einmal die Hufe auf der freien Seite säubern. Dabei fordere ich Kleinigkeiten ("Fuß!"), die ich auch erfolgreich durchsetzen kann. Für Dinge die das Pferd dabei richtig macht, wird es kurz gelobt und/oder kurz gestreichelt. Nun richte ich mich selbst auf, und sehe wichtig aus; wie beim Reiten. Dann versuche ich es noch einmal - ganz selbstverständlich - mit klarem Kommando und Berührung auf die gewünschte Seite zu bewegen. Wenn es sich in Bewegung setzt, lasse ich den Druck sofort nach. Es geht dann manchmal weiter, als wenn ich weiterdrücke. Zum Schluß wieder kurz loben und/oder streicheln, und gleich ruhig aber zielstrebig und sicher weiterarbeiten.

Das Pferd will nicht stillstehen beim Putzen

Wenn Sie bis hierher gelesen haben, dürfen Sie diese Überschrift ruhig schon als kleine Provokation von mir auffassen. Zum einen, weil Sie das Prinzip sicherlich schon erkannt haben: Erst einmal nach den möglichen Ursachen suchen. Zum anderen, - aber lesen Sie selbst:

Wenn man im Stall damit beschäftigt ist - genau so wie die anderen Reiter - sein Pferd zum Reiten vorzubereiten, weiß man sehr bald, ohne hinzusehen, wer von den Pferden mitreiten wird: "Alex!! Steh doch mal still!!" - "Willi!! Jetzt hör endlich auf!!" - "Roxanaaa!! Nein!!" - usw.
Wenn man dann doch 'mal aufschaut, kann man z. B. Folgendes beobachten: Das Pferd gegenüber verlagert gerade sein Gewicht von der rechten auf die linke Seite. "Nein Paula, hör auf!!!", hört man fast zeitgleich. Mein Pferd dreht seinen Kopf nach hinten, um zu sehen, was da los ist. Das Pferd neben uns tut das Gleiche. Sofort ertönt ein "Nein, Roxana!! Jetzt reicht's aber!" neben uns. Mein Pferd und ich schauen uns fragend an und schütteln verwundert die Köpfe.


Bis auf den letzten Satz natürlich kann man das so oder ähnlich in wahrscheinlich vielen Reitställen erleben. Eigentlich sind die Pferde recht diszipliniert und ruhig. Zu Anfang. Manchmal schauen sie, was der Reiter da so mit ihnen treibt. Das finde ich in Ordnung, solange die Ohren gespitzt sind und die Öffnungen in meine Richtung zeigen. Denn dann habe ich die Aufmerksamkeit des Pferdes, und die will ich ja, denn ich werde von ihm beachtet und bin dadurch ranghoch. Dann verlagern sie ihr Gewicht auch 'mal auf die andere Seite, genau so wie wir, wenn wir an der Haltestelle auf den Bus warten. Manche gehen sogar einen kleinen Schritt nach vorn und stehen dann wieder still.
Um es kurz zu machen: Das finde ich alles nicht weiter schlimm und auch nicht störend, solange mich das nicht beim Arbeiten am Pferd behindert. Wenn ich meinem Pferd alle diese Kleinigkeiten erlaube, wird es deswegen auch nicht die Führung übernehmen wollen, wenn ich dabei darauf achte, daß es die Bewegungen, die ich von ihm verlange, auch ausführt. Dafür wird es aber viel ruhiger und entspannter um mich und mein Pferd, weil ca. 95% Geschimpfe von jetzt ab wegfallen können. Komischerweise steht mein Pferd - seit ich das Schimpfen weglasse - auch fast immer ruhiger als die meisten anderen Pferde, die ständig "ermahnt" werden. Ich weiß, daß es gerade dazu andere Meinungen gibt. - Dies ist meine Erfahrung mit der Problematik.

Manche Pferde stehen wirklich sehr unruhig, so daß man sich ernsthaft um seine Füße sorgen muß. Wenn man näher hinschaut, kann man in häufigen Fällen aber auch hierbei schon die Ursachen erkennen: Manchmal hört man Striegel oder Kardätsche (Bürste) gegen Knochenvorsprünge knallen. So etwas ist dem Pferd sehr unangenehm. Andere machen kurze, hektische Bewegungen mit dem Rand der Bürste, die sie am ausgestreckten Arm halten. Dabei werden viele Pferde nervös und fühlen sich unsicher.
In solchen Fällen kann man sich also selbst helfen: Dicht an das Pferd herantreten, eine (linke) Hand an's Pferd, am besten an den Hals, mit der anderen Hand putzen. Dabei lange, gleichmäßige, sichere Bewegungen. Das ist dem Pferd angenehmer; es wird sich dann nicht mehr wehren müssen.

Ein anderer Fall ist es natürlich, wenn alle o. g. möglichen Ursachen nicht zutreffen, und das Pferd trotzdem sehr unruhig ist. Dann muß man wieder schauen: Hat das Pferd vielleicht Angst? Vielleicht hat es schlechte Erfahrungen beim Putzen machen müssen und fürchtet sich jetzt. Dann kann man vielleicht mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen sein Glück versuchen, so wie oben bereits geschildert. Fühlt man sich allerdings hoffnungslos überfordert, benötigt man Hilfe - oder ein anderes Pferd.

Das Pferd läßt sich auf der Weide nicht einfangen

Das Pferd weiß, daß es jetzt von den anderen Pferden entfernt werden soll, und daß Arbeit wartet.
Dann könnte ich eine Handvoll Gras abreißen, mich einladend (!) zur Seite drehen, das Pferd nur noch aus dem Augenwinkel beobachten und weiter freundlich seinen Namen rufen und dabei die Hand mit dem Gras zeigen. Wenn es dann kommt, gebe ich ihm das Gras, greife unauffällig in's Halfter, hänge den Führstrick ein und streichle mein Pferd ausgiebig.
Das nächste Mal geht es dann vielleicht schon leichter, weil das Pferd meine Anwesenheit auf der Weide erst einmal mit etwas Positivem verbindet.

Ein häufiger Fehler ist, auf das Pferd von vorn zuzugehen und ihm dabei in die Augen zu sehen. Befreundete Pferde nähern sich mehr von der Seite und vermeiden direkten Augenkontakt. Beim befreundeten Pferd angekommen beschnuppern sich beide und nehmen eine Position ein, die ihnen die gleiche Blickrichtung wie die des anderen Pferdes ermöglicht. Zu deutsch: Ich stelle mich also neben das Pferd und schaue in die gleiche Richtung. Meine Hand halte ich dem Pferd für ein paar Sekunden mit dem Handrücken zum Beschnuppern hin. Habe ich den Führstrick eingehakt, streichle ich das Pferd kurz auf seiner Stirn und gehe mit ihm los.

Das Pferd will nicht mit mir von der Weide kommen

Los jetzt! Die Reitstunde fängt gleich an! Es ist ohnehin schwer, ein Pferd allein von den anderen auf der Weide wegzuholen. Daß es nicht mitgehen will, ist normal. Normalerweise geht man einfach los, und läßt einfach keinen Zweifel offen, daß es jetzt auch für das Pferd losgeht. Die Sicherheit hat man aber nicht, wenn man es nicht gewöhnt ist, sein Pferd selbständig von der Weide zu holen und allein zu führen. Auch sonst, wenn sich das Pferd nicht führen lassen will, können dann folgende Versuche helfen:

1. Wenn ich klugerweise meine Gerte mitgenommen habe, mache ich das so: Klares Kommando "Komm mit!", dabei leichter Zug am Führstrick, mit der Gerte (Armverlängerung!) das Pferd möglichst weit hinten mehrfach antippen (und wirklich nur antippen). Für viele Pferde reicht dieser Reiz zum Losgehen aus. Und dann gehen, gehen, gehen, nicht unnötig stehenbleiben, und nicht zum Pferd umdrehen. Dabei kann man natürlich das Pferd mit der Stimme loben, oder nett zu ihm sprechen.
Reicht das Antippen mit der Gerte nicht aus, kann man den Reiz verstärken. Aber: das heißt nicht, mit der Gerte draufzuschlagen. Doch das ist Ihnen sicher schon längst klar. Ich verstärke den Reiz so: Ich halte die Gerte am Pferd soweit nach hinten wie möglich, mit der Spitze nach oben. Nun schwinge ich die Gerte einige Male hin und her, so daß sie sirrende Geräusche von sich gibt. So ziemlich jedes Pferd dürfte dann losgehen.

2. Ich habe meine Gerte vergessen. Aber den Führstrick habe ich mit! - Na prima, besser als gar nichts oder nur ein Kamm...
Wenn das Pferd also nicht mitkommt, wenn ich losgehe, dann lasse ich es sich herumdrehen, so daß es mit dem Hinterteil in die Richtung "schaut", wo ich hin will. Jetzt gehe ich wieder los. Kommt es mit, mache ich einen Bogen, um in meine Richtung zu gelangen. Kommt es wieder nicht mit, schwenke ich ab: Vom Pferd weg, im Halbkreis nach hinten (in meine Richtung!). Dabei lasse ich die Spannung im Seil nicht nach. Den Pferdekopf ziehe ich mit mir mit. Dann kann das Pferd fast nicht anders, und geht auch los. Weiter wie oben!

3. Nein, Gerte und Führstrick habe ich nicht mitgenommen. Warum? - Macht nicht's. Wenigstens hat man beide Hände frei und braucht nichts zu schleppen...
Dann reiße ich eine Handvoll Gras ab, sammle es in die linke Hand. Mit der rechten Hand greife ich in's Halfter, sage "Komm mit!", übe leichten Zug mit dem Halfter auf das Pferd aus (nach vorn) und gehe los. Gleichzeitig locke ich das Pferd mit der linken (Gras-)Hand, und gebe ihm natürlich auch etwas davon.

Ein Pferd mit Gras oder einem Stückchen hartem Brot zu locken, kann man selbstverständlich immer versuchen, wenn welches wächst bzw. man welches mitgenommen hat. Allerdings sollte man nicht vergessen, daß man durch Füttern aus der Hand ein Pferd zum Beißer erziehen kann. - Also lieber Gerte und Führstrick mitnehmen!

Heute 10 Minuten früher fertig draußen sein...

10 Minuten früher... Was nun? Wir haben 10 Minuten weniger Zeit zur Verfügung als sonst, um das Pferd zu putzen, die Hufe zu säubern, es zu satteln und zu trensen.

- keine Hektik, keine Nervosität
- das Pferd kann schließlich nichts dafür
- Putzen gut überlegt abkürzen: Sattellage und Hufe gut, Rest nur oberflächlich oder gar nicht putzen
- Ist das Pferd besonders schmutzig, dann erst den Pferdekörper grob reinigen, danach nur die Sattellage gründlich putzen
- keinen Schweif, keine Mähne kämmen, keine Schlammspritzer aus dem Gesicht bürsten, sondern:
- sofort satteln und trensen, aber wie immer:
- Sorgfalt beim Satteln und Trensen, selbst wenn die Zeit doch nicht mehr reicht.
- Ein Pferd in Hektik aufzutrensen ist bei manchen Pferden schlichtweg unmöglich, also: ruhig wie immer!
- Schlimmstenfalls sind wir eben nur 7 Minuten früher fertig...
- Falls zum Schluß doch noch Zeit ist, können kosmetische Verbesserungen nachgeholt werden
- Dabei aber keinen Staub mehr unter den Sattel bürsten, damit dort keine Scheuerstellen entstehen!

Das Pferd steht auf meinem Fuß - Was nun??

Darüber sollte man wirklich vorher nachdenken. Wenn man richtig reagiert, kann man größeren Schaden nämlich zumeist abwenden.
Was nicht funktioniert ist, den eigenen Fuß unter dem des Pferdes wieder hervorziehen zu wollen. - Das Pferd ist zu schwer. Zetern und verzweifelt schimpfen nützt ebenfalls nichts, weil das Pferd nicht weiß, was eigentlich los ist. - Es wird nicht erwartungs- (oder hoffnungs-)gemäß reagieren. Versucht man, das Pferd wegzudrücken, kann man die Situation noch weiter verschlimmern, wenn das Pferd nämlich mit Gegendruck antwortet und sein Gewicht dazu auf die Seite meines Fußes verlagert.

Was also tun? Sofort möglichst routiniert mit der Hand am Pferdebein herunterrutschen, "Fuß" sagen und den Huf aufnehmen, als wenn man ihn auskratzen wollte. Dann natürlich den eigenen Fuß (oder was von ihm übrig ist) wegziehen. Erst jetzt dürfen Tränen und Schmerzensschreie meinen Körper endlich verlassen...

Das Pferd beißt und schlägt aus

Wenn Sie mit einem Pferd in Berührung kommen, das versucht, nach Ihnen auszuschlagen, dann verlassen Sie seine Box, wenn Sie nicht zunächst blitzartig in eine andere Richtung ausweichen müssen. Ist dies nicht das einzige Pferd mit solchen "Unarten", dann sollten Sie den Reiterhof verlassen. Hier können Sie ohnehin nichts mehr reparieren...
Es sei denn, Sie kennen den Reiterhof und wissen, daß das Pferd z. B. von woanders herkommt, und die eigenen Pferde solches Verhalten nicht kennen. Wenn Sie sich dieses Problempferd selbst aussuchen, da Sie schon sehr sicher im allgemeinen Umgang mit Pferden sind, dann können Sie hier weiterlesen -->Problempferde


Bitte bedenken Sie bei all diesen Hinweisen Folgendes:

Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß ich kein Fachmann auf diesem Gebiet bin. Alles, was Sie jetzt bis hier gelesen haben, ist eine Mischung aus

- allgemein anerkanntem Wissen aus der Standard-Literatur,
- vielleicht nicht so anerkanntem Wissen aus "nicht zum Standard gehörender" Literatur,
- eigenen Beobachtungen und Ideen

Alle hier geschilderten Methoden und Hilfsmaßnahmen habe ich ausprobiert bzw. wende sie selbst zu meiner Zufriedenheit so an. Alle eigenen Ideen sind aus Beobachtungen und Überlegungen entstanden und werden ebenfalls so von mir angewendet.

Zu Ihrer Sicherheit:

Aramis Egal, was Sie tun, vor allem, wenn Sie sich schon sicher fühlen: Bitte vergessen Sie nie, daß Pferde Tiere sind, die sich z. B. erschrecken können vor Dingen, die Sie noch nicht einmal wahrgenommen haben. Tiere können sich für Sie unberechenbar verhalten -->Wie unberechenbar und schnell Pferde sein können. - Ich als schlechtes Beispiel.. Auch, wenn Sie sich also mit "Ihrem" Pferd inzwischen noch so gut verstehen und ihm vertrauen (was ja auch gut so ist), lernen und beherzigen Sie folgendes:

- Behalten Sie Ihr Pferd immer im Augenwinkel
- geben Sie immer Acht auf Ihre Füße (und Ihre Nase)
- seien Sie also aufmerksam, und rechnen Sie immer mit plötzlichen Bewegungen des Tieres
- Haben Sie keine Angst, aber behalten Sie Respekt vor der Größe und Stärke der Pferde

So, wie ich es anfangs erwähnte, habe ich versucht, meinen eigenen Weg im Umgang mit Pferden zu schildern. Dabei durfte es ruhig auch zu Abweichungen gegenüber der Standard-Literatur kommen.