Wozu ein Artikel über das Verhalten der Pferde? - Nur, wenn ich sie kenne und über ihr Verhalten, ihre Eigenschaften und ihre Vorlieben oder Abneigungen Bescheid weiß, kann ich mit Pferden vernünftig umgehen. "Vernünftig" soll dabei heißen, daß ich mir Pferde weder mit Gewalt gefügig mache, noch die Pferde mir gegenüber das Sagen haben. "Vernünftig" soll im Idealfalle sogar heißen, daß ein Pferd sich gern bemüht, meine wohl durchdachten Forderungen möglichst gut zu erfüllen. Dazu muß ich eine Atmosphäre schaffen und erhalten, die ein Pferd zur Mitarbeit animiert. Dies kann ich aber nicht ohne einen Mindestumfang an Grundkenntnissen über die Natur des Pferdes.


Sandro

Pferde sind Herdentiere und Fluchttiere

"So, so" werden Sie jetzt sagen, "da haben wir ja wieder viel dazugelernt. Tolle Internet-Seite! Hast übrigens vergessen, daß Pferde auch Steppentiere sind.". Die in der Überschrift enthaltene Aussage steht wohl in fast jedem Buch, das irgendwie von Pferden handelt. Es ist also nichts Neues.
Trotzdem ist es aber eine sehr wichtige Tatsache, die uns immer wieder daran erinnern sollte, wo wir Pferde beobachten müssen (Beobachtung von Pferden - Warum - Wie - Nutzen), um etwas über ihr Verhalten zu lernen (auf der Weide!), und was wir immer wieder bedenken müssen, wenn wir Umgang mit Pferden haben: Eigenschaften der Herden- und Fluchttiere und wie sie die Welt sehen

Viele Probleme die wir nämlich dabei bekommen, resultieren ganz einfach aus diesen Eigenschaften des Herden- und Fluchttieres, die wir deshalb kennen sollten. Im Folgenden jene, die aus meiner Sicht den größten Einfluß auf unser Verhalten zu Pferden haben sollten.

Pferde auf der Weide beobachten...

Aber zunächst:

Wie denken Pferde eigentlich?

Pferde denken sehr viel einfacher als wir. Sie sind nicht in der Lage, strategisch zu planen, wie sie uns z. B. veralbern können, wenn wir das nächste Mal auf ihrem Rücken sitzen. Pferde denken über ihre augenblickliche Situation nach und reagieren darauf. Und NUR darauf. Zukunft und Vergangenheit spielen für sie keine Rolle. Die Vergangenheit nur insoweit, als daß sie sich an Erlebtes erinnern, und zwar konkret an erlebte Bilder und damit verbundene Emotionen. Pferde denken in Bildern. Taucht ein Bild vor ihren Augen auf, das sie in Verbindung mit negativen Emotionen in ihrer Erinnerung haben, kann das allein schon eine unerwünschte Reaktion auslösen. Es heißt dann für gewöhnlich: "Der zickt bloß wieder rum. Der veralbert dich. Hau mal anständig mit der Gerte drauf!" Anstatt das Pferd zu beruhigen, es abzulenken und weiter vorwärts zu reiten, habe ich das negative Gefühl, das das Pferd mit dem Bild verbindet, verstärkt. Nächstes Mal an dieser Stelle werden die Probleme wahrscheinlich noch größer sein. Als Menschen müssen wir uns bemühen, im Umgang mit Pferden zu einer solchen einfachen Denkweise zurückzufinden. Ansonsten verkomplizieren wir und vermenschlichen damit die Pferde, so daß wir letztlich immer wieder falsche Konsequenzen für unser Handeln ableiten werden. (In der Geschichte "Der bedrohliche Waldweg" habe ich diese Erkenntnis mit der "Politik der kleinen Schritte" verknüpft, und so in kurzer Zeit ein für das Pferd schwerwiegendes Problem auflösen können.)
Vieles Weitere ergibt sich aus den o. g. besonderen Eigenschaften der Pferde als Flucht- (oder potentielles Beute-) und Herdentier sowie aus seiner besonderen Art zu sehen (Eigenschaften der Herden- und Fluchttiere und wie sie die Welt sehen). Darüber hinaus kreisen die Gedanken eines Pferdes immer wieder um die Nahrungsaufnahme. Natürlich hat so ein Pferd auch noch andere Gedanken. Wenn wir aber allein dieses Wissen in unseren Reaktionen und Entscheidungen immer wieder konsequent anwenden, werden wir es mit Pferden im Umgang und beim Reiten sehr viel leichter haben als zuvor.

Individualbereich

Jedes Individuum, jedes Pferd hat eine Individualdistanz, die nur durch bestimmte andere, ihm nahestehende Individuen unterschritten werden darf. Nicht "berechtigte" Individuen werden aus diesem Bereich vertrieben. Sie kennen das auch von sich selbst: Ihr Partner oder Ihre Kinder können Ihnen nicht zu nahe kommen. Sie dürfen Ihre Individualdistanz bedenkenlos unterschreiten. Kommt ein Fremder während eines Gespräches immer näher, sieht die Sache schon ganz anders aus. Je nach Typ ziehen Sie sich dann zurück oder "vertreiben" diese Person aus Ihrem Individualbereich.
Hochgezüchtete Pferde haben oft eine größere Individualdistanz als andere Pferde.

Wenn wir Menschen Umgang mit Pferden haben, müssen wir immer wieder den Individualbereich unseres Pferdes betreten können.

Wer hat das Sagen?

Pferde möchten ganz genau wissen, wie sie sich einem anderen Pferd gegenüber zu verhalten haben: Führend? Fordernd? Dominant? Zurückweichend? Sich unterordnend?
Ist diese Frage noch ungeklärt, bedeutet das für ein Pferd Ungewissheit, Unbehagen, Streß. Deshalb klären Pferde untereinander sofort die Rangordnung. Dabei kommt es zu Imponiergehabe, Drohgebärden, Rangeleien aber manchmal auch zu handfesten Bissen und Tritten. Ist auf solche Weise alles geklärt, weicht das unterlegene Pferd zurück. Wichtig dabei: Pferde sind nicht nachtragend.
Das überlegene Pferd hat von nun an bestimmte Rechte: Es darf als erstes an's Futter, es darf anderen, rangniederen Pferden drohen, sie verscheuchen, oder sogar beißen oder nach ihnen treten. Der Chef bestimmt Richtung und Geschwindigkeit der anderen Pferde. Auch das unterlegene Pferd hat Vorteile daraus: Es hat nun jemanden, an dem es sich orientieren kann, weil dieser ständig aufpaßt (z. B. ob Raubtiere in der Nähe sind) und die nötigen Entscheidungen trifft. Die meisten Pferde akzeptieren lieber einen Führer, anstatt die Rolle selbst zu übernehmen, denn die Führerrolle ist anstrengend. Beide Pferde akzeptieren also das Ergebnis bereitwillig.
Die sogenannten Alpha-Tiere, die Anführer einer Herde, herrschen oft sehr resolut und unberechenbar über die anderen Herdenmitglieder, die dann eher aus Angst fügsam sind. Deshalb sind die "Alphas" meistens allein, denn die anderen Pferde sind nicht gern mit ihnen zusammen. Sie lassen solchen Anführerpferden zwar ihre Vorrechte, gehen ihnen aber aus dem Weg. Denn wer möchte schon gern verscheucht, getreten oder gebissen werden?

Als Konsequenz daraus fordern Fachleute, wir müßten diese Rolle des Alphatiers übernehmen, wenn wir mit Pferden Umgang haben.

Geht das auch ruhiger?

Ja. Manche Pferde werden in höhere Positionen "gewählt". Man kann immer wieder 'mal einzelne Pferde beobachten, denen sich andere Pferde freiwillig anschließen. Sie suchen die Nähe von solchen Pferden, weil diese kaum Gewalt anwenden, an Rangordnungskämpfen nicht interessiert sind, Ruhe, Selbstsicherheit und Kontinuität ausstrahlen. Konflikten gehen sie geschickt aus dem Weg, wenn ihnen dies möglich ist. Sie behalten die Umgebung im Blick und erkennen Gefahren. Entscheidungen, die sie treffen, machen für die anderen Pferde Sinn. Sie sind aus pferdischer Sicht kompetent. Solchen Pferden vertrauen viele Herdenmitglieder und ordnen sich ihnen freiwillig unter -- wird ihnen doch die Unterordnung angenehm und leicht gemacht. Durch diese "Wahl" steigen diese Pferde in der Rangordnung, ohne das sie sich durch Gewaltanwendung beweisen mußten.

Diese Rolle zu übernehmen, gefällt mir besser und fällt mir leichter. Um das zu können, ist ein gewisses Grundwissen über das Wesen der Pferde erforderlich. Sie sind gerade dabei, sich solches Wissen zu erwerben.

Freunde

Auch unter Pferden gibt es Freundschaften. Befreundete Pferde sind häufig zusammen, fressen zusammen, spielen zusammen und betreiben "soziale Fellpflege", kraulen und beknabbern sich also gegenseitig das Fell an Stellen, die sie allein nicht erreichen können. Dabei besteht auch unter solchen Freunden immer eine klare Rangordnung. Das rangniedrigere Pferd wird dem ranghöheren immer den Vortritt lassen, ihm folgen (Chef bestimmt Richtung und Geschwindigkeit), und wenigstens um eine Kopflänge (je nach Rangunterschied auch mehr) zurückbleiben. Das ranghöhere Pferd kann das andere auch von sich vertreiben. Das rangniedrigere versucht dann bald, sich dem Freund nach und nach wieder anzuschließen.

Die gegenseitige Fellpflege kann mit dem Putzen durch den Menschen verglichen werden. Tut das Pferd das schmerzfrei, darf es mich als Gegenleistung für mein Putzen sogar auch mal vorsichtig beknabbern. Wann, wie und wielange ICH das zulasse. Der Chef in dieser Freundschaft bin dabei nämlich trotzdem ich: Ich lasse das Pferd z. B. zur Seite treten, um auf der anderen Seite weiterarbeiten zu können; ich bestimme also Richtung und Geschwindigkeit des Pferdes. Zu einer freundschaftlichen Beziehung gehört Rücksicht: Ist ein Pferd an einer Stelle kitzlig oder empfindlich und weicht deshalb aus oder legt kurz die Ohren an, um mir das mitzuteilen, dann putze ich (erstmal) woanders weiter. Befreundete Pferde zwingen sich auch nicht gegenseitig zur Fellpflege. Natürlich muß am Schluß die Sattellage sauber sein! Und: rangniedrige Pferde sind komischerweise immer weniger kitzlig, als ranghöhere. Macht also ein Pferd beim Putzen "Theater" oder will mich sogar beißen, dann stimmt etwas mit meinem Rang noch nicht. Pferde mit freundlichen Absichten nähern sich einander seitlich.

Die Richtung macht's

Nähert sich ein Pferd einem anderen frontal, kommt also von vorn, so wird das andere Pferd dies als Angriff werten, oder mindestens angespannt die Möglichkeit eines bevorstehenden Angriffs in Erwägung ziehen. Je nach Rangstellung wird es dann die Flucht ergreifen oder auf den Angriff mit Verteidigung reagieren.
Frontal und mit direktem Blickkontakt schickt aber auch die Leitstute ein anderes Pferd zur Disziplinierung zeitweilig von der Herde fort. Für das ausgeschlossene Pferd ist dies die größtmögliche Strafe, denn ohne den Schutz der Herde könnte es zum Abendbrot eines Raubtieres werden.
Befreundete und freundlich gesinnte Pferde nähern sich einander mehr von der Seite, gehen also nicht frontal aufeinander zu.

Wenn ich also ein Pferd von der Koppel holen soll, gehe ich nicht von vorn auf das Pferd zu, sondern nähere mich von der Seite, auch, wenn ich dazu einen Bogen gehen muß. Wenn ich dazu noch direkten Blickkontakt vermeide, ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich mein Pferd von mir einfangen läßt, wesentlich größer.

Pferde und Menschen

Pferde sind dem Menschen gegenüber von Natur aus freundlich gesonnen. Zusammen mit ihrer Neugierde und Lernfähigkeit ergibt das gute Voraussetzungen, dem Menschen als Partner für seine Freizeitgestaltung zur Verfügung zu stehen. Pferde, bei denen dies nicht (mehr) der Fall ist, hatten fast immer schlechte Erfahrungen mit Menschen. - D. h. der Mensch, nicht das Pferd hat hier etwas falsch gemacht.
Die allermeisten Fehler werden aus Unwissenheit gemacht.
Nur selten verursachen besondere Charakterzüge eines Pferdes die Probleme. Mit der nötigen Ruhe und Geduld kann man auch solchen Pferden den Menschen wieder näherbringen.

Sind Menschen eigentlich den Pferden gegenüber ebenfalls freundlich gesonnen, wie sie uns?

Das ist das Optimum, wo unser Weg hinführen soll:
Pferde, die uns vertrauen. Pferde, die sich freiwillig und mit Freude bemühen, es uns am Boden und unter'm Sattel recht zu machen. Die sich gern unterordnen, da sie uns als Anführer gewählt haben, nachdem sie uns als vertrauenswürdig kennengelernt haben.
Klingt gut. Aber - logisch - die Freiwilligkeit und die Freude lassen sich nicht erzwingen.

Für Pferde sind wir Menschen erst einmal merkwürdige, zweibeinige Wesen, die die Sprache der Pferde nicht verstehen, und die nicht einmal in der Lage sind, mögliche Gefahren zu erkennen. Wenn wir möchten, daß unsere Pferde vertrauensvoll unseren Wünschen Folge leisten, müssen wir es schaffen, uns ihnen gegenüber als kompetent und damit vertrauenswürdig zu erweisen. Wir müssen lernen, uns wie ein Pferd zu verhalten, auf das Verlaß ist.

Das Gedächtnis der Pferde

Es wurde bereits erwähnt, daß Pferde nicht nachtragend sind. Trotzdem haben sie aber ein gutes Gedächtnis. Das kann verschiedene Auswirkungen haben:

Angst und Vertrauen

Ein ängstlicher Mensch oder ein ängstliches Pferd hat kein Vertrauen. Ein Mensch oder Pferd mit Vertrauen hat keine Angst.
Angst behindert die Lernfähigkeit von Mensch und Tier. Ein Pferd, das Angst hat, kann nichts lernen. Hat ein Pferd Angst, ist seine Konzentration hauptsächlich auf die ängstigende Situation oder das Objekt der Angst gerichtet. Seine Handlungen sind dann weitgehend durch die Angst bestimmt. Es kann dadurch sehr viel weniger leisten als in angstfreien Situationen.
Daß Pferde auch vor uns Menschen Angst entwickeln können, haben wir bereits gesagt. Wie steht es aber mit unserer Angst? - Es ist völlig normal, daß wir am Anfang Angst vor Pferden haben: Sie sind größer und stärker als wir. Wir kennen sie nicht.
Je besser wir sie aber kennenlernen, desto mehr wird unsere Angst schwinden, desto berechenbarer werden Pferde für uns und desto sicherer werden wir im Umgang mit Pferden.
Je sicherer wir aber im Umgang mit Pferden werden und je mehr wir über sie wissen, desto mehr Ruhe, Kontinuität und Vertrauenswürdigkeit können wir ihnen entgegen bringen, desto mehr wird ihre Angst schwinden, und statt dessen können sich Vertrauen und Respekt entwickeln.

Zeit aus Sicht des Pferdes

Zeit Pferde kennen keine Termine. Zeitdruck ist ihnen deshalb fremd. Wenn wir unter Zeitdruck versuchen, einem Pferd etwas möglichst schnell abzuverlangen, werden wir wahrscheinlich durch unsere Hektik nur Verwirrung und Gegendruck erzeugen. Wir verlieren unseren Rang, weil wir durch unsere Unaufmerksamkeit inkonsequent werden und Chaos erzeugen. Sehen wir das ein und lassen uns Zeit, werden wir unsere Ziele mit dem Pferd schneller erreichen, als wenn wir versuchen, uns zu beeilen. Schnell ist deshalb oft langsam und langsam kann schnell sein.

Bin ich also einmal spät dran und versuche hektisch das Pferd schneller als sonst zu putzen, zu satteln und aufzutrensen, werde ich vermutlich länger brauchen als sonst, denn das Pferd kann sich meine Unruhe und Hektik nicht erklären; es wird sich wehren, nicht kooperativ sein können, Entscheidungen aus seiner Sicht selbst treffen müssen. Also mache ich mir klar, daß das Schlimmste, was passieren kann ist, daß die anderen Reiter der Abteilung ausnahmsweise mal auf mich warten müssen. Deshalb bereite ich mein Pferd in gewohnter Ruhe vor, und schaffe es vielleicht sogar, trotzdem pünktlich fertig zu sein. Nächstes Mal sehe ich zu, daß ich wieder rechtzeitig auf dem Reiterhof ankomme.

Pferde reagieren sehr schnell. Kommt z. B. ein Pferd einem ranghöheren zu nahe, wird dieses möglichst bald reagieren. Es genügt dann schon ein Anlegen der Ohren, damit das andere Pferd nicht näher kommt. Wartet das Pferd zu lange mit seiner Reaktion, wird mehr Aufwand erforderlich sein, das andere Pferd am Eindringen in seinen Individualbereich zu hindern. Es muß dann vielleicht sogar drohend auf das andere Pferd zulaufen. Am leichtesten ist es, bereits zu Beginn der Bewegung oder sogar vorher zu reagieren. Als Mensch lernt man das nach und nach beim Umgang mit dem Pferd und beim Reiten, wenn man aufmerksam ist. Pferde kündigen ihre Reaktionen an. Allerdings muß man dieses Prinzip "Je früher die Reaktion, desto weniger Kraft ist nötig" kennen, um bewußt darauf zu achten und das Erkennen von Signalen des Pferdes und eine erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit erlernen zu können.

Lange Zeit bin ich ein Pferd geritten, das hin und wieder plötzlich den Hufschlag verlassen hatte, um dann in der Mitte der Reitbahn stehenzubleiben. Als ich das o. g. Prinzip noch nicht kannte, versuchte ich mit Schenkel und Zügel, das Pferd zum Umkehren zu bewegen. Schnell hatte ich mich mit den Zügeln festgezogen und mußte aufgeben. Als ich aber lernte, früher zu reagieren, stellte ich fest, daß ich es plötzlich schaffte, das Pferd auf dem Hufschlag zu halten. Später erkannte ich bereits die ankündigenden Muskelverpsannungen und den Ansatz der "Ausbruchsbewegung". Da genügte plötzlich eine äußere halbe Parade mit gleichzeitigem, verstärkten, inneren Schenkeldruck. Kein Kampf, keine Kraftanstrengung mehr. In den Augen des Pferdes hatte ich Kompetenz bewiesen, da ich seine Absichten - wie ein normales Pferd - durch seine Signale erkannt hatte. Darin sollte man sich üben. Je besser ich das kann, desto ranghöher werde ich den Augen der Pferde. Achten Sie auf dieses Prinzip. Es wird Ihnen helfen.

Die Sprache der Pferde

Daß das Pferd mit nach hinten angelegten Ohren seinen Unmut zum Ausdruck bringt, oder wenn es uns dazu noch die Zähne zeigt, daß es dann nicht lächelt, diese Erkenntnisse können und sollten wir der Standard-Literatur entnehmen.
Dieses Wörterbuch wäre sehr praktisch. Aber ich konnte die ISBN noch nicht herausfinden... Na gut - hier ist wenigstens eine kleine Übersicht: Die Sprache der Pferde verstehen
Wichtiger als diese Texte und Fakten hier zu wiederholen scheint mir jedoch, darauf hinzuweisen, daß es sich hierbei tatsächlich um die Sprache der Pferde handelt. Pferde kommunizieren durch Körperhaltungen, Bewegungen u. ä. Darin sind sie Weltmeister, und sie lernen deshalb auch sehr schnell, uns Menschen danach zu beurteilen. Diese Tatsache hat jederzeit Auswirkungen darauf, wie wir auf das Pferd wirken: Jedes Pferd sieht sofort, ob ich Angst habe, unsicher bin, Schmerzen habe, oder ob es mir gut geht und ich mich sicher fühle. Ein Pferd sieht noch viel mehr, und kann deshalb in kürzester Zeit herausfinden, ob ich vertrauenswürdig bin oder nicht. D. h. als Anfänger, der das alles noch nicht weiß, bin ich automatisch erst einmal nicht vertrauenswürdig! Kommen noch Unsicherheit und Angst hinzu, stehe ich in der Rangordnung auch noch unter ihm. Deshalb halte ich es für ganz wichtig, diese Sprache zu erlernen: Zu verstehen, aber auch ein wenig zu sprechen -->Die Sprache der Pferde sprechen! Damit verdiene ich mir den Respekt eines Pferdes. Das können ganz einfache Dinge sein. Angenommen, ich soll mein (Schul-)Pferd von der Weide holen, es will aber nicht mitkommen und läuft deshalb immer wieder weg. Dann könnte ich eine Handvoll Gras abreißen, mich einladend (!) zur Seite drehen, das Pferd nur noch aus dem Augenwinkel beobachten und weiter freundlich seinen Namen rufen und dabei die Hand mit dem Gras zeigen. Eventuell nähere ich mich dem Pferd ohne Augenkontakt auf bogenförmigen Linien von der Seite. Diese Methode funktioniert besser als "fluchen und hinterherrennen".

Zusammenfassung

• Pferde sind von Natur aus freundlich zu Menschen
• Pferde sind neugierig
• sie erschrecken leicht und flüchten lieber
• sie leben in der Herde, sind ungern allein
• sie möchten ihrem Anführer vertrauen können
• Pferde sind es gewohnt, sich unterzuordnen
• sie fühlen sich erst wohl, wenn die Rangordnung feststeht
• sie sind nicht nachtragend, haben aber ein gutes Gedächtnis
• sie lieben Ruhe und Kontinuität (Gleichmäßigkeit)
• frontale Annäherung und direkter Augenkontakt erzeugen Anspannung ("Angriff")
• Ihre Sprache ist Körpersprache

Ich halte es für sehr wichtig, sich mit dem Wesen des Pferdes besser vertraut zu machen. Das geht durch
• Literatur, um über Pferde allgemein zu lernen
• Beobachten, um z. B. über das eigene Pferd zu lernen (Beobachtung von Pferden - Warum - Wie - Nutzen)
• Nachdenken, um aus dem Gelernten Konsequenzen zu ziehen
• Umgang mit dem Pferd, um eigene Erfahrungen zu machen und zu üben

Nur mit Interesse an ihm kann man zu seinem Pferd (auch Schulpferd!!) mit der Zeit ein gutes persönliches Verhältnis aufbauen.
Wenn man mit Pferden besser zurechtkommen möchte, muß man sich Wissen und Kenntnisse über sie aneignen. Über ihre Sprache, ihr Verhalten, ihre Sichtweise auf die Dinge. Und dies sollte man auch tun!
Denn: Ein Pferd ist ja kein Sportgerät, das man nach Gebrauch allenfalls noch widerwillig sauber macht, damit es nicht irgendwann kaputt geht.

Und wenn ich kein eigenes Pferd habe?...

Longe Waldo Das macht nichts. Hier geht's nicht um Bodenarbeit und Pferdeausbildung usw., wie das bei fast allen anderen Methoden der Fall ist. Hier geht es darum, gezielt an sich selbst zu arbeiten. Um mit seinem Pferd klarzukommen, braucht man kein Round Pen, kein Longieren, kein Joining... Diese Möglichkeiten hat man normalerweise als Reitschüler überhaupt nicht.
Doch auch ohne eigenes Pferd kann man lesen, beobachten, lernen, sich interessieren, sich verändern. Man kann alle sich ergebenden Möglichkeiten nutzen, die sich zufällig ergeben, denn jede Minute, die ich aufmerksam mit einem Pferd zusammen bin, bringt mich ein Stückchen weiter. Ein Beispiel:
Lange Zeit ritt ich eine Stute, für die vieles aufgrund ihrer Vorgeschichte noch sehr aufregend war. Deshalb war sie oft recht naßgeschwitzt. Einmal meinte die Reitlehrerin: "Jörg, nach dem Putzen führe Cilly bitte noch trocken. Sie sieht ja furchtbar aus!" Das habe ich natürlich gern getan. Auf die Art konnte ich an den folgenden Tagen auf dem Reitplatz - völlig unbeachtet - Führtraining üben. Ich hatte vorher vieles darüber gelesen, und Cilly machte mir damals einige Probleme beim Führen. Alles paßte also gut zusammen. Es hat uns beiden geholfen, und niemand hat sich daran gestoßen, daß ich mit meinem Schulpferd Bodenarbeit gemacht hatte, denn niemand hatte es bemerkt.

Anmerkung: Natürlich kann uns z. B. das Longieren -->Longieren - wozu? Was benötigt man? Wie macht man das? es erleichtern, im Umgang mit Pferden sicherer zu werden. Falls man die Möglichkeit dazu hat, und sich dafür interessiert, kann man sich das Longieren durchaus beibringen lassen. Allerdings sollte man darauf achten, daß das Longieren ebenfalls in einer möglichst angenehmen Atmosphäre stattfindet. Also auch hierbei ist Lob erlaubt (finde ich), und Kommandos und Peitsche (nicht das Pferd treffen!) nicht schärfer als notwendig gebrauchen! Ein von mir gejagtes Pferd bringt mir dadurch nicht mehr Vertrauen entgegen!

Mehr Umgang und damit mehr Erfahrung mit Pferden bekommt man, indem man

Viele einfache, kleinere Übungen kann man auch mit seinem Schulpferd in der Box beim Putzen durchführen, ohne daß das überhaupt jemand mitbekommt. (Beispiel: Gefühl entwickeln für das rechtzeitige Nachgeben, nachdem man Druck ausgeübt hat, um das Pferd irgendwohin zu dirigieren...)

Wie man das bis hier Gelernte dann im Umgang mit dem Pferd umsetzt, versuche ich im nächsten Artikel "Umgang" zu beschreiben.
Was man noch so alles Sinnvolles lernen und üben kann, können Sie der Literatur in der Literaturliste entnehmen.