Abteilungsreiten

"Tataanmeamitt!!"

... höre ich die Reitlehrerin - inzwischen schon leicht gereizt - rufen. Ich glaube, das geht in meine Richtung. Ja, klar, jetzt hab' ich's: mein Pferd heißt Tatan. Und ich soll "meamitt", also "mehr mitreiten", denn unser Abstand zum Vordermann ist schon wieder ziemlich groß. Ja, da hat sie Recht. - Na also, verstanden, reiten wir eben etwas mehr mit. -

Aber das Pferd will nicht. Ich frage die Reitlehrerin also zurück, wie ich das machen solle, denn das Pferd will nicht. Doch die hört mich nicht, denn sie ist schon wieder mit dem nächsten Pferd/Reitschüler beschäftigt: "Alex, Hacknruntafüßerann!", und "Roxana, Züglmeer-aufnehm'!" Macht nichts. Sie kann ja nicht immer nur auf mich achten. Warten wir eben, bis wir wieder in ihrer Nähe sind. Inzwischen probiere ich alles Mögliche, und habe fast den Eindruck, daß ich das Pferd zwischen meinen Schenkeln zerdrücke. Aber das Pferd will nicht. Wie mache ich denn das, mehr mitreiten, frage ich die Reitlehrerin erneut. Diesmal habe ich Glück: "Na verstärkt treiben. - Alex, Hacknrunta Füßerann!". - Ach so, treiben. Ja. Dann treibe ich und treibe. Und wie ich treibe! Den Schweiß treibt es mir unter dem Helm hervor. Aber das Pferd will nicht. "Tataanmeamitt!!"...

So ähnlich habe ich mich eine Zeit lang in den Reitstunden im Abteilungsreiten abgemüht. Völlig sinn- und erfolglos. Das Problem ist, daß erwachsene Reitanfänger offensichtlich völlig andere Hilfestellungen benötigen als Kinder. Fehlendes Körpergefühl und Unbeweglichkeit führen zu Verständnisproblemen und manchmal regelrecht zu Hilflosigkeit. Ich habe nicht gewußt, was "Treiben" genau ist, und konnte schon gar nicht spüren, wann ich treiben muß.
Es scheint besonders schwierig zu sein, Erwachsene zu unterrichten. Irgendwann hat die Reitlehrerin überhaupt nicht mehr auf meine Fragen reagiert. Es ging bergab mit meinen Fähigkeiten. Als ich nicht einmal mehr ein Pferd angaloppieren konnte, haben wir auf Drängen meiner Tochter den Reiterhof gewechselt. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Schließlich mußte ich ja "mein" Pferd zurücklassen!

In dieser Zeit habe ich sehr viele Bücher gekauft, Reitschulen, Pferde-Versteh-Bücher u. ä. Aber einige wichtige Dinge habe ich einfach nicht finden können. Anderes war bereits im Fach-Chinesisch "erklärt", so daß ich die Texte nur teilweise verstand. Die meisten Texte gehen nicht weit genug in die Tiefe, und lassen einen mit Andeutungen "im Regen stehen". Die wenigen Bücher, die mir wirklich weiter geholfen haben, finden Sie in der Literatur-/Link-Liste auf der letzten Seite dieses Themas "Pferde und Reiten".

Auf dieser Seite versuche ich im Folgenden, solche Lücken nach meinem heutigen Verständnis zu füllen. Dabei bitte nicht vergessen: Ich bin ebenfalls noch beim Reitenlernen.
Und auch hier gilt wieder: Das Grundwissen holen Sie sich aus der Standard-Literatur, denn dies hier ist keine komplette Reitschule. (Siehe Literatur-Hinweise!!)

Wie sitze ich auf dem Pferd?

Grundsitz Dumme Frage? Nein, keineswegs. Im Gegenteil: Eine gute und wichtige Frage. Die Antwort entscheidet nämlich darüber, ob ich den Schritt meines Pferdes überhaupt beschleunigen kann, ob mein Pferd dahin geht, wohin ich will oder ob es in den Ecken abkürzt, ob ich es schaffe anzutraben, wie stark mein Muskelkater diesmal ausfällt bzw. ob meine Rückenschmerzen (und die des Pferdes!) nach dem Reiten besser oder schlimmer sind.
Es gibt verschiedene Sitzarten. Beim Erlernen des Reitens werden wir meist mit dem Dressursitz konfrontiert. Mit diesem Sitz hat man die stärkste Einwirkung auf das Pferd. - Ja, richtig gelesen: Auch mit dem Sitz wirken wir passiv und (später) aktiv auf das Pferd ein.

  1. Sitzen Sie gerade! Stellen Sie sich dazu vor, ganz wichtig zu sein: Kopf hoch, Blick gerade aus (nicht nach unten auf das Pferd schauen!), Brust 'raus. Schauen Sie dahin, wo Sie hinreiten möchten! So geben Sie sich und dem Pferd ein Ziel, und wenn es "nur" die nächste Ecke des Reitplatzes ist. Es ist Ihnen wichtig, dorthin zu kommen! Denn wenn das Pferd den Eindruck hat, daß es Ihnen egal ist, wohin Sie reiten, -- warum sollte es sich abmühen??
  2. Mit dem Becken, das ist so eine Sache... Man soll damit die Bewegungen des Pferderückens zulassen und mitmachen. Die Seitwärtsbewegungen werden vom Sattel fast herausgefiltert. Wichtiger sind deshalb zunächst einmal die "Schaukel"bewegungen, vor und zurück.
    Man kann sein Becken nach vorn kippen; dann entsteht das sogenannte Hohlkreuz. Kippt man das Becken nach hinten, entsteht eher ein Rundrücken. Versuchen Sie beide Extrema, solange das Pferd noch steht. Suchen Sie sich dann eine Position dazwischen, damit Sie die Schaukelbewegungen des Pferdes mitmachen können. Dabei werden Sie verstärkt Ihre Sitzbeine (Knochen) spüren, da diese den stärksten Kontakt mit dem Sattel haben (sollen). Achten Sie darauf!
  3. Die Beine lassen Sie hängen. Nein, nicht verkrampfen und dadurch die Fersen nach oben ziehen, sondern locker nach unten hängen lassen. Gar nicht so einfach, wenn man angespannt ist, nicht wahr? Dazu kommt noch dies: Beim Reiten legen Sie die ganze Zeit die Waden mit ganz leichtem Druck an den Pferdebauch, ohne den Kontakt aufzugeben (Das ist das Ziel!). Nur, wenn Sie treiben, verstärken Sie kurzzeitig den Druck.
    Was hat es mit der Aufforderung des Reitlehrers auf sich: "Hacken 'runter, Fußspitzen an's Pferd!" ? So soll es aussehen, wenn Sie reiten. Dazu drücken Sie k u r z die Hacken nach unten, drehen die Füße etwas nach innen, und lassen danach die Beine wieder locker hängen! Wenn Sie nämlich weiter die Hacken nach unten drücken, verkrampfen Sie wieder, geben Ihren stabilen Sitz auf, können nicht mehr mit den Waden treiben, nicht mehr die Pferdebewegungen mit dem Becken mitmachen, und die Bewegungen natürlich nicht mehr im Sprunggelenk abfedern, denn dieses ist ja bretthart.
    Man soll eine senkrechte Linie ziehen können vom Ohr über Schulter - Ellenbogen - Ferse.
  4. Die Arme hängen locker herunter; die Unterarme bilden praktisch die Verlängerung der Zügel. Auch hier müßte man durch Zügel und Arme eine Linie durchziehen können. Im Bild habe ich dies 'mal getan.
  5. Diesen soeben beschriebenen Sitz überprüfen Sie immer wieder während der Reitstunde:
    Gerade sitzen -- Becken in Mittelstellung -- Fersen herunter und Beine wieder hängen lassen.
    (Und dabei immernoch gerade sitzen!)

...und wie geht das denn nun mit dem Treiben?

Zuerst einmal müssen wir natürlich anreiten, d. h. das Pferd in Bewegung setzen. Apropos "setzen": Dazu setzen wir uns wieder gerade hin, drücken die Waden impulsartig an's Pferd und gehen mit den Zügeln ein wenig nach vorn mit, wenn es losgeht, um dem Pferd diese Vorwärtsbewegung zu ermöglichen. Rührt sich das Pferd allerdings nicht, wiederholen wir den Wadenimpuls. Reicht das immer noch nicht, tippen wir das Pferd hinter unserem Schenkel mit der Gerte an (und wirklich nur antippen!). Einem Pferd, das Anfänger gewöhnt ist, sollte dies genügen.

Nun zum Treiben im Schritt. Pferde sind - wie Menschen - verschieden. Manche Pferde gehen nach dem Anreiten selbständig weiter, bis sie wieder angehalten werden. Andere werden langsamer und bleiben vielleicht sogar wieder stehen.
Spätestens hier kommt das Treiben zum Einsatz, welches aus impulsartigen, wechselseitigen Druckverstärkungen der Waden an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit besteht.
Lage des Beines Richtige Stelle: Läßt man die Beine wirklich hängen, so kommen sie in etwa am Sattelgurt zu liegen. Nicht davor, eher ein klein wenig dahinter. Hier liegen sie mit leichtem Druck ständig an.
Richtige Zeit: Mit den locker hängenden Beinen kann man spüren, wie der Pferdebauch sich abwechselnd nach rechts und nach links bewegt, jeweils gegen mein gleichseitiges Bein Mehr Theorie zum Thema 'Treiben'. Empfindlichen Pferden genügt dies schon als wechselseitige treibende Hilfe in der Gangart Schritt. Dies ist damit gemeint, wenn es heißt, das Pferd hole sich seine treibende Hilfe im Schritt von selbst ab. Den meisten Pferden reicht dies aber nicht. Bei ihnen muß man den Druck verstärken: Immer, wenn der Pferdebauch gegen mein Bein drückt, drücke ich sozusagen zurück gegen den Bauch des Pferdes; wechselseitig, rechts und links. Das tue ich solange, bis das Pferd schnell genug geht; dann lasse ich wieder nach (sonst verliert das Treiben seine Wirkung). Wird das Pferd wieder langsamer, beginne ich sofort wieder verstärkt zu treiben (siehe oben, "Tataanmeamitt!").

Soviel zum "Standard". Leider hatte auch dies, nachdem ich es verstanden hatte, mein damaliges Pferd nicht sonderlich beeindruckt. Vielleicht ein bißchen, ja. Es dauerte nun sicherlich länger, bis sich der Abstand zum Vordermann wieder merklich vergrößert hatte.
Wenn man deshalb versucht, den Druckimpuls kürzer, dafür aber deutlicher zu geben, kann man bessere Erfolge erzielen.

Über das Anhalten

Stop - Halt - Bremsen ! Nachdem wir nun eine schöne Strecke im Schritt zurückgelegt haben, wollen wir uns Gedanken über das Anhalten machen. Viele Schulpferde halten irgendwie an, wenn man am Zügel zieht. Da das Pferd aber Kopf und Hals zum Ausbalancieren benötigt (auch beim Anhalten), behindert man das Pferd sehr. Manche Pferde wehren sich auch gegen den festgezogenen Zügel und halten nicht an.
Solange wir ganze Paraden noch nicht richtig anwenden können, halten wir deshalb so an:
Tief einatmen, dabei Schultern hoch- und leicht zurücknehmen (nach hinten rollen), die Unterarme mit den Zügeln dabei mitnehmen. Ruhig ausatmen (währenddessen vielleicht lang "Haaalt" sagen), dabei die Schultern wieder absenken, so daß die Zügel wieder nach vorn gehen. Wenn das Pferd anhält, Zügel nachgeben (aber den Kontakt halten). Mehr ist nicht nötig.
Wie man "vorschriftsmäßig" anhält, lernen wir später, wenn es um halbe und ganze Paraden geht.

Treiben für Fortgeschrittenere

Wichtig beim Treiben ist immer Folgendes:
Hat das Pferd die gewünschte Geschwindigkeit erreicht, setze ich mit dem Treiben aus oder treibe wesentlich schwächer weiter. - ABER: Sofort, wenn ich spüre, daß die Geschwindigkeit des Pferdes wieder nachläßt, setze ich mit verstärktem Treiben wieder ein, bis das Pferd wieder sicher die gewünschte Geschwindigkeit hält. Warte ich damit einige Sekunden zu lange, habe ich es viel schwerer, das Pferd wieder zu verstärkter Mitarbeit zu bewegen. Treibe ich dagegen zu lange oder ständig, wie das oft von manchen Reitlehrern gefordert wird, stumpft das Pferd ab: "Was soll ich mich noch abmühen, wenn der da oben eh nicht aufhört, mir in den Bauch zu treten! Lange hält der das sowieso nicht mehr durch..."
Ein häufiger Fehler:
Da man während des verstärkten Treibens mehr Kraft aufwenden muß, besteht die Gefahr, daß man verkrampft (durch Überforderung) und sich nach vorn beugt. Dann nützt das Treiben nichts mehr.
Deshalb merken Sie sich: Wenn es "schwer geht", wieder aufrichten! Denken Sie dabei am besten an "...nach hinten lehnen"!

Paraden...

Den Begriff und die Definitonen für halbe und ganze Paraden kennen Sie sicherlich aus der Literatur. Aber mit dem Verstehen der Beschreibung der Paraden tat ich mich immer schwer. Dazu hatte ich den Eindruck, daß sich die Beschreibungen in verschiedenen Büchern inhaltlich voneinander unterscheiden. Hier ist nun ein weiterer Erklärungsversuch:
Zur Erinnerung:
Paraden bestehen aus dem Zusammenwirken von treibenden Hilfen (Schenkel und Sitz) und verhaltenden Hilfen (Zügeleinwirkung und Sitz).
Und zwar so:
1: Schenkeldruck - 2: Zügel annehmen - 3: Zügel nachgeben (Zuerst setze ich mich wieder schwer und gerade in den Sattel.) Durch meine treibenden Schenkelhilfen im Takt der Schrittbewegung verstärkt sich die Nickbewegung des Pferdekopfes, die ich durch leichtes oder sogar stärkeres Annehmen der Zügel (und wieder Nachgeben!) im selben Takt abbremse. Schauen wir uns einen solchen einzelnen Takt an:
Ich gebe einen Impuls mit dem Schenkel. Dies treibt das Pferd nach vorn. Durch diese Vorwärtsbewegung werden die Zügel (und damit meine Hände) leicht in die Bewegung nach vorn mitgenommen. Normalerweise lasse ich diese Bewegung zu. Bei einer Parade aber halte ich mit dem Zügel genau in diesem Moment leicht dagegen und fange damit den Schwung des Pferdes mehr oder weniger ab. Dann gebe ich sofort wieder nach.
Also entsteht folgender Rhythmus im Takt des Schrittes: Schenkeldruck(1) - Impuls erreicht die Hände - Zügel leicht annnehmen(2) - sofort wieder nachgeben(3) - und wieder von vorn.

Schenkeldruck und Annehmen des Zügels passieren fast zeitgleich; der zeitliche Versatz ist minimal. Das Nachgeben des Zügels erfolgt ca. 1 Sekunde nach dem Annehmen (um 'mal ein Zeitgefühl zu vermitteln), abhängig vom Takt des Pferdes und von der Absicht der Parade.

Sinn und Zweck sowie mögliche Ausprägungen:
  1. Möchte ich das Pferd etwas langsamer in derselben Gangart (z. B. Trab) bekommen, fange ich die Vorwärtsimpulse durch leichtes Annehmen der Zügel ab, bis ich das gewünschte Tempo erreicht habe. Das übt man am besten im Trab beim Aussitzen.
  2. Möchte ich das Pferd in die nächstlangsamere Gangart durchparieren, halte ich mit dem Zügel etwas stärker und länger im Takt dagegen, solange bis das Pferd durchpariert, dann gebe ich wieder nach. Das kann zwei bis fünf Takte dauern, in denen ich die Zügel jeweils annehme und dann wieder nachgebe.
  3. Möchte ich das Pferd anhalten, nehme ich die Zügel noch etwas länger an, und gebe jeweils erst wieder nach, wenn der Vorwärtsimpuls vorbei ist. Ich versuche also, dem Pferd den gesamten Schwung zu nehmen. Wichtig: Wenn ersichtlich ist, daß das Pferd anhalten wird, muß man sofort wieder nachgeben, damit das Pferd sich ausbalancieren kann.
    Wenn ein Pferd zum Anhalten durchpariert wird, so ist dies eine "Ganze Parade". Ganze Paraden bestehen aus so vielen halben Paraden, wie zum Anhalten nötig.
  4. Möchte ich einen Übergang zur nächsthöheren Gangart einleiten, beginne ich dies mit 2-3 halben Paraden am inneren Zügel, um das Pferd auf den bevorstehenden Übergang aufmerksam zu machen. Da ich das Pferd dabei aufmerksam machen möchte, und der Schwung des Pferdes nicht verloren gehen soll, erfolgt das Annehmen des Zügels impulsartiger also kürzer als beim "Durchparieren" zur nächstniedrigeren Gangart, d. h. ich gebe schneller wieder nach.
Paraden auf gebogenen Linien:

Immer, wenn es einen äußeren und einen inneren Zügel gibt, also auf dem Zirkel und in Wendungen, gibt es folgende Unterscheidung:
Mit Paraden am äußeren Zügel pariere ich ein Pferd durch.
Mit Paraden am inneren Zügel stelle ich das Pferd und ermuntere es eher, fleißiger zu gehen.

Wichtig: Schwer und gerade in den Sattel setzen, wenn ich mich vorher in irgendeiner Form des leichten Sitzes befunden habe. Und: Egal ob halbe oder ganze Paraden - sie funktionieren nur in dem beschriebenen Zusammenspiel mit dem Treiben. Mit den Zügeln allein habe ich kaum eine Wirkung; eventuell mache ich das Pferd nur unwillig, wenn meine Zügeleinwirkung zu stark wird. Es gibt Pferde, die werden im Galopp dann sogar noch schneller, weil sie der unangenehmen Einwirkung im Maul entfliehen wollen. - Die sitzt aber hinten drauf und kommt mit...

Nicht so schnell im Trab!

Bitte nicht so schnell!!! Da wir gerade bei den Paraden waren, paßt die folgende Geschichte recht gut; eigentlich ähnelt sie stark der einleitenden Geschichte auf dieser Seite: Ich hatte bei meinem o. g. Pferd nicht nur das Problem des zu gemächlichen Schrittes, sondern auch das des zu schnellen Trabs. Jedesmal nach dem Antraben der Abteilung hatten wir beide recht bald den Vordermann erreicht. Ich versuchte dann immer, die Zügel leicht anzunehmen, um den Sicherheitsabstand zum Vordermann wieder herzustellen. Das Pferd parierte dann für gewöhnlich sofort in den Schritt durch. Das tat es auch, wenn ich nichts gegen den zu geringen Abstand unternahm und einfach wartete. Es parierte dann durch, ließ etwas Abstand und trabte selbständig wieder an. Vorher hörte ich aber meist noch ein "Tatan, durchtraben!" von der Reitlehrerin. Rest der Geschichte wie oben.

Bei jedem Trabtritt Zügel leicht annehmen (halbe Paraden) und dabei weiterhin (eventuell stärker) treiben, um das Pferd innerhalb einer Gangart zu verlangsamen.
Niemand sagte mir damals, daß ich mit dem Annehmen der Zügel schon dicht an der Lösung war, daß ich aber weiter oder sogar stärker treiben mußte, damit das Pferd nicht in die nächst langsamere Gangart durchpariert. Stärker treiben, um das Pferd langsamer zu bekommen - darauf muß man erst einmal kommen! Auf das Treiben hatte ich in dem Moment nie geachtet. Ich wollte ja langsamer werden! - Ach ja, treiben: Getrieben habe ich damals beim Leichttraben immer, wenn ich aufgestanden war. Der Effekt ist bei aller Anstrengung nicht nennenswert, man kann es dann auch ganz sein lassen. Treiben muß man nämlich, wenn ein Hinterbein nach vorn geht, um diesen Schritt des Pferdes zu verlängern. Im Trab ist das beim Einsitzen für das äußere Hinterbein der Fall. Das hat darüber hinaus den Vorteil, daß ich meinen Fall ein wenig bremsen kann, und dem Pferd nicht wie ein "nasser Sack" in den Rücken falle, bevor ich mich wieder aus dem Sattel heben lasse. (s. a. Absatz "Knie" weiter unten!)

Nicht so schnell im Galopp!

Dies wird erst dann interessant, wenn wir - besonders auf Ausritten - auch schon galoppieren. Deshalb habe ich den Artikel aus dem Text herausgenommen und in ein separates Fenster verbannt: Galoppbremse

Einwirkung mit dem Sitz - Vorwärts weisende Gewichtshilfen

Wir kennen seitwärts weisende Gewichtshilfen, die wir - etwas fortgeschrittener - dem Pferd zum Abwenden nach rechts oder links geben. Solange wir das noch nicht konnten, mußte sich das Pferd noch mit Schenkel und Zügel begnügen. Etwas anders geartet sind vorwärts treibende Gewichtshilfen:
Bislang haben wir die Schaukelbewegung des Pferdes, vor und zurück, uns zuzulassen bemüht. Jetzt geht es darum, diese Bewegung nach vorn aktiv mit dem Kreuz zu unterstützen. Am besten gelingt mir das in einer Ecke, wenn ich z. B. beginne, im Schritt zuzulegen. Ich fange dann an, mit stärkerem Schenkeldruck zu treiben, hole von innen, hinten etwas Schwung und "werfe" mich ganz leicht nach vorn in die Bewegungsrichtung gegen den Sattel. Ganz genau im Takt des Schrittes. Dies verstärkt die Vorwärtstendenz und damit die Geschwindigkeit des Pferdes.

Wichtig: Man darf dies nicht mit zu großem Schwung oder zu großer Kraft tun. Die Formulierung "sich dagegen werfen" soll nur die Art meiner Bewegung verdeutlichen, nicht den Kraftaufwand. Das Pferd würde sonst um die Erhaltung seines Gleichgewichts und seines Rhythmus' bemüht sein müssen, und deshalb eher langsamer als schneller werden oder sogar unwillig reagieren.
Es geht hier weniger um Kraft als mehr um leichten Schwung und Rhythmus. Und zwar genau den Rhythmus des Pferdes. Auch, wenn es "Kreuzanspannen" heißt, benutze ich dazu in Wirklichkeit aber vorrangig die Bauchmuskeln! Und: Der Oberkörper bleibt dabei aufrecht und schaukelt nicht mit. Das schafft man anfangs nicht lange hintereinander. Manches Pferd wird dann gleich wieder langsamer. -- Nicht verzagen! - Nächste Runde wieder von vorn beginnen!

Wollen Sie an die Sache mit sanfteren Vorstellungen herangehen, dann versuchen Sie einmal, im Rhythmus der Pferdebewegung mit Ihren Schultern zu rollen. Das aktiviert nämlich auch Ihr Becken im richtigen Sinne und damit die vorwärts weisenden Gewichtshilfen. Nachdem Sie die Wirksamkeit dieser Bewegung einmal gespürt haben (das Pferd wird schneller!), genügt es meist, daß Sie sich vorstellen, wie Sie Ihre Schulterblätter im Takt der Pferdebewegung auf einander zubewegen.

Der äußere Zügel...

1: Innerer Zügel: Stellung fordern und wieder nachgeben  -  2: Äußerer Zügel: Stellung zulassen und halten ...ist nicht nur so wichtig, weil er vom Reitlehrer desöfteren angesprochen wird, oder weil er auch in Reiten-leicht-gemacht-Büchern so häufig fast mystisch erwähnt, aber nie richtig erklärt wird. - Nein, das hat noch andere Gründe!

Was machen wir eigentlich mit dem äußeren Zügel, oder was sollten wir mit ihm tun? Wozu dient er? - Wie die Bezeichnung schon vermuten läßt, gibt es ein "Innen" und ein "Außen". D. h.
Mit dem äußeren Zügel begrenzen wir eine Wendung.
Das Pferd soll sich an den äußeren Zügel "suchend anlehnen".

Warum ist das Anstehen des äußeren Zügels also so wichtig?

Erstens, weil ich mit dem äußeren Zügel die Wendung begrenze. Viele Pferde würden den Zirkel rasch verkleinern, wenn der äußere Zügel nicht mehr ansteht. Besonders Pferde, die sowieso gern abkürzen, also ihre Energie möglichst sparsam einsetzen, nutzen einen vergessenen äußeren Zügel gern in den Ecken aus.
Zweitens, weil ich sonst, wenn ich nur innen Zug auf den Zügel ausübe (also einseitig!), dem Pferd die Trense durch's Maul ziehen könnte. Das kann für das Pferd unangenehm bis schmerzhaft sein.

Zum Vergleich: Den inneren Zügel könnte ich zeitweise durchhängen lassen. Die meisten Pferde behalten die Stellung auf dem Zirkel oder in der Wendung noch eine Weile bei. Bevor die Stellung des Kopfes (und damit auch die Biegung des Pferdekörpers!) wieder verloren geht, fordere ich sie erneut durch Annehmen und Nachgeben des inneren Zügels. Wenn ich dagegen mit dem äußeren Zügel zu sehr nachgebe, dann kann das sofort Auswirkung auf den Durchmesser des Zirkels haben, den ich gerade reite. Aus einer Wendung könnte dann u. U. eine Kehrtwendung werden.
Anmerkung: Eigentlich reagiert das Pferd völlig richtig, wenn es bei fehlendem äußeren Zügel den Zirkel verkleinert, die Wendung abkürzt, oder bei zu starker Einwirkung des inneren Zügels über die äußere Schulter ausbricht (und dadurch den Zirkel vergrößert oder stark gestellt geradeaus weitergeht)! Mit dem kurzzeitigen Annehmen des inneren Zügels fordere ich nicht nur die Stellung des Pferdes, sondern auch, daß es sich an den äußeren Zügel anlehnt. Wenn der aber nicht da ist...

Wieviel Zügel braucht ein Pferd?

Wieviel Zügel...? Auch dies ist ein Thema, daß mir lange Zeit Kopfzerbrechen bereitete. Wieviel Kraft muß man in den "ständigen, leichten Kontakt" mit dem Pferdemaul denn investieren? Mit welchem Kraftaufwand führt man eine Parade aus? Die Antworten, die ich - wenn überhaupt - erhielt, fielen alle unterschiedlich aus. In Büchern (Reitlehren) ist immer von einem ständigen, ganz feinen, weichen Kontakt zum Pferdemaul die Rede, der nur im Zusammenhang mit Paraden ganz leicht verstärkt wird, als wollte man einen Schwamm ausdrücken. - Reicht Ihnen diese Erklärung? Mir reichte sie nicht. Sie ist die Beschreibung einer Idealvorstellung, die man sich im Verlaufe einer Reitstunde erst einmal erarbeiten muß, und die bei Schulpferden oft nicht mehr anwendbar ist: Schulpferde bekommen oft eine ganze Stunde lang von Anfängern Arrêts (ruckartige Bewegungen), weil der Zügel 'mal durchhängt, dann wieder ruckartig Kontakt zum Pferdemaul herstellt. Besser kann man das als Anfänger noch nicht. Dadurch werden Pferde unempfindlich im Maul. Und auch unabhängig davon sind Pferde von Natur aus sehr unterschiedlich empfindlich oder haben einfach unterschiedliche Vorstellungen von einer "Anlehnung" an den Zügel. Soviel zur Problematik. Nun zu den Auflösungen der Rätsel:

Übrigens: Was genau bedeutet "Anlehnung"?

Ganz einfach: Das Pferd soll sich an den Zügel anlehnen. Es soll den Zügel "suchen".
Ganz schwierig: Ich muß dem Pferd die Anlehnung ermöglichen und "schmackhaft" machen.

Dazu ist eine weiche Zügeleinwirkung meinerseits erforderlich. Außerdem muß ich das richtige Maß an Kraftaufwand im konkreten Fall herausfinden.

Was ist eigentlich genau "weich"?

Vorneweg: Egal, wie stark die Zügeleinwirkung ausfällt; die Betonung liegt immer auf "weich". "Weich" bedeutet, ruckartige (=harte) Bewegungen der Hände zu vermeiden. "Weich" bedeutet deshalb, einen ständigen Kontakt zum Pferdemaul zu halten. Das ist der Grund für die in den Reitlehren bis in's Detail festgelegte Handhaltung: Die Arme hängen von den Schultern aus locker am Körper, die Ellenbogen liegen leicht am Oberkörper an. Die Unterarme bilden mit den Zügeln etwa eine Linie. Die locker geschlossenen Fäuste stehen aufrecht, der Daumen, der den Zügel festhält steht leicht angewinkelt auf dem geschlossenen Zeigefinger. Aus den Schultergelenken heraus übe ich leichten Zug aus (Trizeps-Muskel). Dadurch kann der Pferdekopf meine Arme immer leicht nach vorn mitnehmen. Durch den ständigen leichten Zug kann ich aber wieder mit zurückgehen, ohne den Kontakt zum Pferdemaul dabei kurzzeitig zu verlieren, wodurch sonst ein Ruck entstehen würde. Dabei ist diese ständige Verbindung zwischen Händen und Pferdemaul nichts Starres, sondern ein wenig elastisch, was den Druck auf das Gebiß innerhalb jedes Taktes der Bewegung ein wenig ändert.
Dies erfordert viel Übung und Konzentration.

Wieviel Krafteinwirkung?

Wieviel Gewicht liegt auf dem Zügel? Viele Schulpferde benötigen einen festeren Kontakt zum Zügel. Auch, wenn das an und für sich nichts Positives ist, kommt es uns doch entgegen, solange wir noch Anfänger sind. Einen festeren Kontakt permanent aufrechtzuerhalten ist leichter, als einen ganz leichten Kontakt, bei dem es anfangs noch häufig zu ruckartigen Unterbrechungen kommt.
Zu Beginn der Reitstunde ist die Zügeleinwirkung noch sehr gering. Das Pferd soll zunächst vorwärts gehen und sich dabei lockern und lösen. Erst nach und nach werden die Zügel weiter aufgenommen und der Kontakt zum Pferdemaul deutlicher. Dabei wird das Pferd an den Zügel herangetrieben (also in dieser Phase verstärkt treibende Hilfen einsetzen!) und nicht nur am Zügel gezogen, also: Treiben, Zügel dabei weich annehmen und dann weniger nachgeben als die Zügel zuvor verkürzt wurden. Dabei immer überprüfen bzw. abwarten, ob das Pferd auch nachgibt; notfalls nachtreiben. Sonst zieht man sich fest und es kommt zum Kampf. Dann wieder von vorn: Treiben - Annehmen - ein wenig nachgeben. Und: Freuen Sie sich über jeden Zentimeter, den Sie in der nächsten Reitstunde weitergekommen sind!
Nun kommt's: Wieviel Kraft Sie dabei aufrechterhalten müssen, merken Sie am Nachgeben des Pferdes. Wenn das Pferd wirklich nachgegeben hat, also der Kontakt zum Pferdemaul wird nach Ihren Paraden und dem Verkürzen der Zügel leichter, dann spüren Sie den Druck, den das Pferd von Ihnen für seine Anlehnung erwartet. Und der kann sehr verschieden ausfallen: Wenigen Pferden reicht das Gewicht des Zügels, andere Pferde legen Ihnen das Äquivalent von 1 kg in die Hand (nicht mit "Festziehen" verwechseln!). Um sich und dem Pferd das in einem solchen Falle zu erleichtern, können Sie mit den Zügeln "spielen": Geben Sie zeitweise bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung leichte Paraden, 'mal rechts, dann wieder links oder beidseitig, bis das Gewicht, das Sie in den Händen tragen, sich etwas verringert.

Dazu noch eine Anmerkung: Kommen Sie nach diesem Rezept bei einem Pferd nicht weiter, fragen Sie den Reitlehrer, denn das kann sich lohnen. Mir erging es nämlich einmal so. Ein Pferd ging völlig hölzern und es gelang mir nicht, es zu lösen, so sehr ich auch versuchte, die Zügeleinwirkung anfangs nur ganz leicht ausfallen zu lassen. Von der Reitlehrerin erfuhr ich dann, daß dieses Pferd von Anfang an eine feste Anlehnung verlangt. Sind die Zügel nicht da, faßt es kein Vertrauen zum Reiter. Als ich das versuchte, hatte ich plötzlich ein wundervoll schwungvolles Pferd mit eleganten Bewegungen unter mir...

Paraden

Die Idealvorstellung für Paraden ist die des "Schwammausdrückens". Dazu wird die locker geschlossene Faust ruhig zugedrückt und anschließend wieder gelockert. Reicht das nicht, verstärkt man die Einwirkung. Dazu wird die Faust im Handgelenk nach innen eingedreht, und dann wieder nachgegeben. Dies sind zähe aber weiche Bewegungen. Hat das Pferd erst auf eine stärkere Einwirkung reagiert, kann man später trotzdem wieder die leichtere Variante versuchen.

Die Bedeutung der Knie

Lange Zeit habe ich die Bedeutung der Knie nicht recht ernst genommen. Die Pferde, die ich bis dahin geritten hatte, schienen keinen großen Wert darauf zu legen, so daß ich mir kaum Gedanken darüber machte. - Ich kam mehr oder weniger gut klar. Bis zu jenem Pferd:

Die Stute Rasanz macht ihrem Namen alle Ehre. Sie ist wirklich sehr rasant: Ihre "liebste" Gangart ist Galopp, und zwar in schnellem Rhythmus. Außerdem galoppiert sie geradeaus an, wenn man sie im Trab auf einen Zirkel abwenden möchte. Dazu reicht es normalerweise schon, den inneren Zügel etwas anzunehmen. Außerdem ist sie im Maul sehr empfindlich, und wird bei etwas stärkerer Zügeleinwirkung noch schneller und verkrampft.

Das erste Mal ist es mir gelungen, sie ohne Umwege auf den Zirkel zu wenden und zu halten, als ich mein äußeres Knie etwas deutlicher zum Einsatz brachte; damit drückte ich sie sozusagen auf den Zirkel. (Insgesamt benötigt sie mehr als andere Pferde den äußeren, aktiven Schenkel. Verwahren reicht bei ihr nicht.)

Der sogenannte "Knieschluß", richtig ausgeführt,

Wie wird der Knieschluß richtig ausgeführt?

Am besten übt man dies beim Leichttraben:
Der Knieschluß ist kein dauerhafter Druck. Das würden wir auch nicht allzu lange durchhalten, weil unsere Muskeln für langanhaltende Kontraktionen nicht geschaffen sind. Nach der Anspannung muß immer auch die Entspannung kommen, sonst würden wir bald den gesamten Körper mehr oder weniger verkrampfen. Entspanntes Reiten wäre dann nicht mehr möglich. Deshalb ist der Knieschluß eine rhythmische Angelegenheit: Beim Herausfedern aus dem Sattel werden die Oberschenkel und Knie kurz zusammengedrückt und wieder entspannt. Beim Einsitzen passiert noch einmal das gleiche. Dadurch fange ich auch meinen Schwung beim Leichttraben ab, so daß ich vorsichtiger einsitzen kann, um dem Pferd nicht in den Rücken zu fallen. Danach entspanne ich sofort wieder, um den Schwung des Pferdes auszunutzen, der mich leicht wieder aus dem Sattel hebt.
Pferde, die beim Anhalten Schwierigkeiten haben, kann man mit einem Dauerdruck der Knie dagegen helfen. Sie verstehen dann besser, daß es im Augenblick ums Anhalten geht.

Reitprobleme

Pferde sind keine Sportgeräte. Das sollte nicht nur unseren Umgang mit Pferden beeinflussen, sondern hat auch eine große Bedeutung beim Reiten. Denn Pferde "funktionieren" nicht immer gleich. Sie leben. Ziehe ich am Fahrrad die Bremse, dann hält es an, wenn die Bremsen nicht defekt sind. Ein Pferd kann abgelenkt sein und deshalb auf meine Reiterhilfen im Moment nicht reagieren. Es gibt tageweise Unterschiede und Unterschiede von Pferd zu Pferd. Deshalb wird man immer wieder "Tricks" oder besser Hilfestellungen benötigen, um kleine Eigenheiten der einzelnen Pferde ausgleichen zu können. Außerdem dürfen wir uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß wir als Anfänger noch Fehler beim Reiten machen. Anfänger haben vergleichsweise harte Hände, auf die das Pferd vielleicht unwillig reagiert. Andere Pferde tun das nicht, weil sie besser in der Lage sind, auf ihren Reiter einzugehen. Die einen können Reiterfehler besser verzeihen, die anderen nicht.

Die Aufmerksamkeit des Pferdes

Beim Reiten wünscht sich der Reiter die volle Aufmerksamkeit des Pferdes. Das Pferd drückt dies aus, indem es die Öffnungen seiner Ohren nach hinten auf den Reiter richtet. Ein Pferd richtet seine Ohrenöffnungen immer auf das Objekt seiner Aufmerksamkeit. Von allein wird das aber nicht geschehen. Als Reiter muß ich mich deshalb bemerkbar machen und die Aufmerksamkeit des Pferdes fordern. Am wichtigsten sind dabei die ersten Augenblicke einer jeden Reitstunde. Gleich von Beginn an fordere ich deshalb die Aufmerksamkeit des Pferdes: Richtet das Pferd z. B. das rechte Ohr auf ein anderes Objekt als mich, nehme ich den gleichseitigen Zügel kurz an und verstärke den Schenkeldruck auf dieser Seite für einen Moment, bis sich das Ohr wieder in meine Richtung dreht. Danach gebe ich sofort wieder nach. Je schneller ich dabei reagiere, desto besser. Nach ein paar Minuten wird es reichen, wenn ich das Pferd auf diese Art und Weise immer wieder mal daran erinnere, daß ich noch da bin.
Habe ich die Aufmerksamkeit des Pferdes, erledigen sich viele Reitprobleme wie von selbst oder entstehen erst gar nicht.

Das Pferd reißt mir die Zügel aus der Hand

Das Pferd versucht so, sich den Zügelhilfen zu entziehen. Meist ist eine noch zu harte Reiterhand die Ursache. Auch eine permanente, zu starke Zügeleinwirkung (Dauerzug) kann dafür der Auslöser sein. Denkbar ist auch, daß Ihr Pferd bereits längere Zeit ununterbrochen am Zügel gehen mußte, und bisher noch keine Möglichkeit hatte, sich zu strecken. Dann kann das Pferd verspannt sein und deshalb Schmerzen haben.

Ihr erstes Ziel sollte sein, sich sehr auf eine weiche Zügelhand zu konzentrieren. Nach jedem Annehmen eines Zügels dürfen Sie das vollständige Nachgeben nicht vergessen. Im passiven Zustand sollen Sie nur noch einen ganz leichten Kontakt zum Pferdemaul haben. Lassen Sie den Zügel zu locker und somit durchhängen bevor Sie ihn zur Parade annehmen, geben Sie dem Pferd damit immer ein Arrêt. Das ist, einfach ausgedrückt, ein Ruck, der eventuell für das Pferd schmerzhaft sein kann. Außerdem sollte jedes Annehmen des Zügels, egal wie kraftvoll es ausfällt, immer eine zähe, niemals eine ruckartige Bewegung sein.

Es gibt Pferde, die mit der Zeit gelernt haben, sich nach Belieben so der Zügeleinwirkung zu entziehen, auch wenn kein solcher o. g. Reiterfehler vorliegt.

In allen Fällen können Sie nach demselben Muster vorgehen:
Wenn das Pferd Ihnen die Zügel aus der Hand ziehen will, schließen Sie sofort die Fäuste und legen Sie sie auf dem Widerrist auf. Hier finden Sie Halt und können die Zügel festhalten. - Bitte beachten Sie: Es ist etwas anderes, die Zügel festzuhalten oder an ihnen zu ziehen. Ziehen Sie nicht an den Zügeln! Das führt zu einem Kampf, der die Situation unnötig verschärft. Halten Sie die Zügel nur fest! Das Pferd wird den Unterschied sehr schnell bemerken.
Sobald das Pferd nachgibt, lassen Sie die Zügel ein Stück durch Ihre Hände gleiten, aber erst dann. Dann schließen Sie wieder die Fäuste und halten fest. Wieder solange bis das Pferd nachgibt. Wieder geben Sie ein wenig Zügel nach und halten fest bis zum Nachgeben des Pferdes. Das wiederholen Sie, bis das Pferd sich vollständig strecken kann, was Sie für einige Sekunden erlauben. Nun nehmen Sie die Zügel wieder auf.

Der Sinn der Maßnahme ist: Das Pferd lernt, daß SIE bestimmen, wann Sie die Zügel nachlassen und wann nicht. Es lernt auch, DASS Sie das hin und wieder tun.

Das Pferd verspannt sich, wenn ich treibe

Stellen Sie sich vor, Sie stünden auf dem rechten Bein. Das linke Bein können Sie frei bewegen. Jemand tritt aber gegen Ihr rechtes Bein, auf dem Sie stehen, und verlangt, daß Sie dieses bewegen! Immer wieder.
Sicherlich würden Sie unwillig reagieren. Mindestens wären Sie angespannt, da man Unmögliches von Ihnen verlangt.
In der gleichen Situation ist ein Pferd, wenn der Reiter im falschen Moment treibt. Ein Pferd kann nur das Bein bewegen, das sich gerade in der Luft befindet. Beim Traben z. B. ist das für das äußere Hinterbein beim Einsitzen der Fall, was vor allem in Wendungen sinnvoll ist, da das äußere Hinterbein den weiteren Weg zurücklegen muß. Das innere Hinterbein kann man nach unserer Art des Leichttrabens lediglich zum schnelleren Abfußen bewegen. Möchte man es zum weiteren Untertreten animieren, müßte man auf dem "falschen" Fuß traben. Spätestens hier entsteht die Frage, ob es den falschen Fuß wirklich gibt...

Auch in den anderen Gangarten verhält es sich mit dem Treiben ähnlich. Möchten Sie, daß das Pferd mit dem inneren Hinterbein weiter nach vorn untertritt, müssen Sie in dem Moment treiben, wenn das Bein abfußt. Solange Sie das noch nicht im Gefühl haben, senken Sie hin und wieder den Blick und beobachten das Bein. Irgendwann müssen Sie nicht mehr nach unten schauen.

Das Pferd kürzt in den Ecken ab

Das passiert vor allem, wenn wir in der Wendung in der Hüfte zur Bahninnenseite einknicken. Dadurch verlagern wir das Gewicht auf die falsche Seite, und das Pferd hält dagegen, um das Gleichgewicht halten zu können.
Natürlich gibt es Pferde, die Weltmeister im Energiesparen sind, und dies mit ihrer Geschwindigkeit und in den Ecken des Reitplatzes deutlich zum Ausdruck bringen.

In beiden Fällen hilft folgendes: Stellen Sie sich vor, Sie wollen in den Ecken mit Ihrer äußeren Schulter und mit der äußeren Hüfte die Begrenzung der Reitbahn abwischen. Bewegen Sie sich auch entsprechend. Sie werden das Gefühl haben, viel zu weit außen zu sitzen. Das Pferd wird aber nicht mehr oder nicht mehr so sehr abkürzen. Ein Gefühl kann man aber neu lernen.